Wenn es ums Sparen geht, humpelt die Regierung bisher Amok. Es ist bereits so schlimm, dass sie nicht einmal davor zurückschreckt, die Idee, Politik, also "die Politik", sollte einmal bei sich selbst mit dem Sparen beginnen, in Erwägung zu ziehen. Mit diesem Denkansatz hofft sie, einen Teil der in den letzten Monaten verspielten Popularität zurückzugewinnen, wird er ihr doch mit besonderer Hingabe von den Demokratiespezialisten in der Kronen Zeitung oktroyiert. Man muss den Gedanken nur richtig in die Tat umsetzen, wofür es ein Rezept gibt, das in anderen Bereichen der Konsolidierung erfolgreich angewendet wird: So tun, als ob. So tun etwa, als hätte man als sicher verbuchte steuerliche Außenstände in der Schweiz und buchenswerte in Österreich bereits in der Tasche. So tun, als hätte man Verwaltungsreformen eingeleitet, die dem Land den dringend nötigen Modernisierungsschub bescheren. So tun, als wäre der sozialen Gerechtigkeit mit Nadelstichen gegen Bezieher überdurchschnittlicher Einkommen unter Schonung wirklichen Reichtums Genüge getan. Et cetera. Warum also nicht auch so tun, als ob, wenn es um das Sparen bei der Politik geht?

Nun könnte man, weil naheliegend, meinen, die vernünftigste Form des Sparens bei der Politik wäre gutes Regieren. Dafür gab es einmal sogar einen Ansatz, als nämlich die Parteien beschlossen, die Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre zu verlängern. Leider ist es beim Ansatz geblieben, denn die Verheißung, welche Möglichkeiten segensreichen Regierens sich in fünf Jahren eröffnen würden, hat sich in den ersten vier Jahren als leer erwiesen. Immerhin wurde den Wählern die Last öfterer Entscheidungen abgenommen. Doch jetzt will die Regierung beim So tun, als ob endlich Gas geben, also dort sparen, wo ihr der Widerstand beherrschbar erscheint und die Chance auf billigen Applaus am größten - beim Parlament. Aber richtig muss man es machen. Nicht etwa am Bundesrat rühren, dessen Sinnhaftigkeit zwar oft behauptet, aber noch nie ergründet wurde, und für dessen Abschaffung sich inzwischen bereits zwei Landeshauptleute einsetzen. Nein, dort soll gespart werden, wo es der Demokratie wehtut und wo es für die Regierung unbequem werden könnte, bei den Abgeordneten zum Nationalrat. Dabei geht es - so tun, als ob! - nicht nur um die Zahl der Abgeordneten, für die es kein Patentrezept gibt. Es geht um die Ausstattung des Nationalrates insgesamt, ob nun mit Mandataren und mit Arbeitsmöglichkeiten. Letztere sind im Vergleich etwa zu Deutschland geradezu lächerlich, was sich auf die Qualität heimischer Gesetzesproduktion durchschlägt, wie häufig beklagt.

Es verwundert, dass sich Abgeordnete diese regierungsverordnete Geringschätzung gefallen lassen, aber schon weniger, wenn sich Klubobleute eher als Handlanger der Regierung und weniger als Vertreter der Legislative sehen. Bei aller Parteiloyalität müssten sie als erste gegen eine Verkehrung des Geistes der Verfassung aufstehen, bei der die Regierung den Nationalrat reduziert, weil sie gerade Geld braucht, statt der Nationalrat eine Regierung, die mit der Reduktion ihrer Berater mehr einsparen könnte. (DER STANDARD Printausgabe, 24.2.2012)