Ausgehandelt wurde das Urheberrechtsabkommen ACTA - ein Abkommen zur Abwehr von Fälschungen - ohne große Öffentlichkeit. Auch als der EU-Ministerrat den ACTA-Text einstimmig annimmt, macht das fast nur in Fachkreisen die Runde. Erst als polnische Hacker Regierungswebseiten lahmlegen, um gegen das Abkommen zu protestieren, nimmt die Öffentlichkeit Notiz. Die Proteste nehmen zu, Kritiker sehen bürgerliche Freiheitsrechte eingeschränkt. Regierungen rudern zurück, inzwischen liegt ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) auf Eis.

So entwickelte sich die überraschend heftige Debatte um ein Handelsabkommen:

2006: Die USA und Japan ergreifen die Initiative zu einem Handelspakt mit dem Ziel, Urheberrechte auch international durchzusetzen.

2008 bis 2010: Mehrere Staaten und die EU-Kommission handeln den Acta-Vertrag aus.

Dezember 2011: Der EU-Ministerrat nimmt den Text einstimmig an und autorisiert die Staaten, den Vertrag zu unterzeichnen.

22. Jänner 2012: Acta gerät das erste Mal in die Schlagzeilen, weil Hacker in Polen Webseiten der Regierung lahmlegen. Damit protestieren sie gegen die für den 26. Jänner vorgesehene Unterzeichnung.

23. Jänner: Polens Regierung reagiert auf den starken Protest im Land und berät, ob sie die Unterschrift zunächst verschieben solle.

26. Jänner: Die EU und 22 der 27 Mitgliedstaaten - darunter auch Österreich - unterzeichnen das Abkommen in Tokio. Wenn alle 27 Staaten unterschrieben haben, muss das Abkommen noch vom Europaparlament gebilligt und von den Parlamenten der Einzelstaaten ratifiziert werden. In Polen demonstrieren landesweit Tausende gegen das Abkommen.

3. Februar: Unter dem anhaltenden Druck der Proteste setzt Polens Ministerpräsident Donald Tusk die Ratifizierung des Abkommens aus. Am selben Tag greifen Hacker die Webseite des griechischen Justizministeriums an, um gegen die Teilnahme Griechenlands zu protestieren.

6. Februar: Nach Polen setzt auch die tschechische Regierung die Ratifizierung des bereits unterschriebenen Abkommens vorerst aus. Hacker der Gruppe "Anonymous" haben zuvor eine Liste mit Informationen zu allen Mitgliedern der tschechischen Regierungspartei ODS entwendet.

9. Februar: Auch Lettland setzt nach Kritik aus der Bevölkerung die Ratifizierung aus. Unterschrieben hat die Regierung bereits.

10. Februar: Nach verstärkten Protesten kündigt Deutschland an, ACTA vorerst nicht zu unterzeichnen.

11. Februar: Mehrere zehntausend Menschen folgen in verschiedenen europäischen Ländern dem Aufruf von Netzaktivisten und demonstrieren gegen ACTA.

13. Februar: Die Bundesregierung verkündet, dass sie weiter an dem Urheberrechtsabkommen festhält. Bis zum Beginn der Beratungen am 27. Februar im Europaparlament müssten aber noch offene Fragen geklärt werden.

14. Februar: Als Reaktion auf die Proteste im Land setzt auch Bulgarien die nach der Unterschrift noch notwendige Ratifizierung von ACTA aus.

15. Februar: Litauen verschiebt die ACTA-Ratifizierung ebenfalls.

17. Februar: Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk sagt, dass Polens ACTA-Unterschrift ein Fehler gewesen sei. Er fordert die Parteiführer der Christdemokraten und Konservativen im Europaparlament auf, ACTA abzulehnen.

22. Februar: Die EU-Kommission reagiert auf die Vorwürfe von Bürgern und Politikern und kündigt an, ACTA juristisch überprüfen zu lassen. Damit wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) beauftragt. (APA)