Die Diversionspläne der Justizministerin wären in Ordnung gewesen, wenn das von ihr angeblich geleitete Haus gleichzeitig in Bundesministerium für Verschleppung und Vertuschung umbenannt würde. Das würde der von ihr aus akut gegebenem Anlass versprochenen "Vertrauensoffensive" für die Justiz wenigstens einen Hauch einstiger, wenn auch nicht immer unumstrittener, Glaubwürdigkeit zurückgeben. Was geht da vor? Beruhte das Timing auf nicht mehr zu überbietender Instinktlosigkeit, oder ist es zur politischen Maxime geronnene Ruchlosigkeit?

Während ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss, von der Bürokratie behindert, in hiesiges Korruptionsdunkel das Licht zu bringen sucht, das die Justiz bisher eher unter dem Scheffel zu halten bemüht war, schlägt die Justizministerin vor, Diversion genau dort wirksam werden zu lassen, wo der Ausschuss aufklären will - und um solches künftig zu verhindern, am besten gleich, noch ehe Aufklärung eintritt. Wenn es um Korruption und Amtsmissbrauch geht, will die Justiz nichts Genaueres wissen, schon gar nicht soll die Öffentlichkeit erfahren, wie sie betrogen wird.

Der Salonjägerzunft zuliebe

Und wenn die Pläne am breiten Widerstand eines noch vorhandenen Anstands scheitern, hat man der Salonjägerzunft wenigstens seinen guten Willen demonstriert. Es ist kein Wunder, wenn unter solchem Ungeist Bedienstete des Finanzamtes Eisenstadt die Idee der Diversion nicht nur kühn vorwegnahmen, sondern in Eigeninitiative gleich ein wenig radikalisierten. Früher schwärzten sich Wilderer die Gesichter, wenn sie zum Diebstahl aufbrachen, heute schwärzen Finanzbeamte das Jägerlatein eines hochherrschaftlichen Schnäppchenjägers. Der Generalsekretär und zuständige Sektionschef beobachtet das Treiben wohlgefällig vom Hochstand des Ministeriums aus, überzeugt von Eisenstädter Sorgfaltspflicht und - wer weiß, wie weit sich heutzutage das Revier erstreckt? - im dankbaren Ohr vielleicht noch das fröhliche Piffpaff, mit dem so manchem Hasen der Garaus gemacht werden durfte, zur höheren Ehre eines gütigen Jagdherrn samt Gemahlin. Doch nein, das nicht. Vermutlich wollte seine Ministerin nur einmal shortly austesten, was Abgeordnete sich gefallen lassen. 

Diversion kann eine gute Sache sein, schade, dass sie so in Misskredit gebracht wurde. Gegen die vertrauensoffensiv angedachte Erweiterung gab es nicht nur sofort so schwere rechtliche Bedenken, dass man sich über die juristischen Andenker nur wundern kann. Sie würde auch einer Form der Klassenjustiz nahekommen. Wer sich durch Korruption und Amtsmissbrauch zum mehrfachen Millionär hinaufarbeiten konnte, bestreitet bei einiger Geschicklichkeit die Diversion aus dem Ergaunerten und dürfte sich dazu auch noch als supersauber im Fernsehen spreizen. Oder besser, wie in England am Jägermeister praktiziert: Das Unternehmen, für das man lobbyierte, kauft einen frei, und der Fall ist erledigt. Der Gedanke, dass die Buwog im Ernstfall für die Diversion der Herrschaften aufkommt, denen sie ihre Privatisierung verdankt, hat etwas. Endlich könnte man auch der Aufklärung des Eurofighter-Deals gelassen ins Auge sehen.  (DER STANDARD Printausgabe, 2.3.2012)