Stajkovic ist fit geblieben. Durch und für das Surfen.

Foto: Privat

Am 17. Februar 2017 verstarb der fünffache Olympia-Teilnehmer Niki Stajkovic. Am 4. März 2012 sprach DER STANDARD mit dem einstigen Turmspringer für die Serie "Das wurde aus".

Wien – Wenn man kein Pech hat, kommt oft noch Glück dazu. Das Glück ist, dass Niki Stajkovic in diesem Moment nicht etwa daheim in Hawaii auf dem Surfbrett steht. Und auch nicht im Flugzeug sitzt, wo er "jedes Jahr einen Monat" verbringt, sondern in der Bar des Austria Trend Hotels Park Royal Palace, das von der Penzinger Schlossallee auf Schönbrunn herunterschaut. Er wollte eigentlich schon zurückfliegen, dann erwischte ihn ein Virus, jetzt hat er noch Freunde besucht und am 1. März seinen 53. Geburtstag in Wien verbracht.

Fast vierzig Jahre also ist es her, dass Stajkovic seinen ersten von fünf olympischen Auftritten absolvierte. Als "Wunderkind" wurde er tituliert, und dieses Kind erregte als 18. im Turmspringen internationales Aufsehen. Hinter dem Kind und neben dem Becken stand ein ehrgeiziger Vater. Vlado Stajkovic, studierter Jurist, wollte den Sohn unbedingt zu einem Weltklasse-Wasserspringer formen, warum auch immer. Mit drei Jahren schon sprang Niki, der eigentlich Nikola hieß, mittlerweile aber auch mit Nick gut leben kann, im Leopoldskroner Bad in Salzburg vom Brett. Mit fünf Jahren tat er den ersten Köpfler vom zehn Meter hohen Turm. "Der Vater versprach mir einen Maria-Theresien-Taler. Natürlich bin ich gesprungen." Die Badegäste im "Lepi" staunten über den Dreikäsehoch, der sich da wagemutig in die Tiefe stürzte.

Stajkovic stammt aus einer der reichsten Familien im ehemaligen Jugoslawien, Nikis Urgroßvater Nikola Pasic war (dreimal) Ministerpräsident. Vlado hätte Diplomat oder Politiker werden sollen, doch er wurde Trainervater. "Es war für mich nicht immer lustig", sagt Niki. "Ein schlechtes Training war für den Haussegen schon eine Katastrophe. Aber ich hab den Vater trotzdem gerne gehabt. Und der Sport hat mir ja auch viel Spaß gemacht."

Zweieinhalb Studien

Der Sport brachte Stajkovic nach der Matura am Musischen Gymnasium in Salzburg nach Nordamerika, brachte ihm Stipendien an der Indiana University und der Texas University. Niki schaffte zwei ganze Studien (Wirtschaft, Psychologie) und ein halbes (Medizin). Und er kam herum. " Ich war immer schon selbstständig. Mit 14 bin ich allein zur WM nach Kolumbien geflogen, dort am Flughafen haben sie mir meinen Koffer gestohlen. Ich sprech einen Mann an, weil ich glaube, er ist Flughafenangestellter. Stellt sich heraus, er ist Multimilliardär. Bei dem hab ich dann während der WM gewohnt. Er hatte 18 Autos, hat gesagt, ich soll mir eines aussuchen. Also bin ich als 14-Jähriger selbst mit dem BMW in Cali zum Training gefahren. Es war aber nicht weit."

Fünfmal, wie gesagt, hat Niki an Olympia teilgenommen, aus dieser Beziehung ist nie eine große Liebe geworden. Meistens war er lädiert oder krank, 1984 verhinderte eine Verletzung sein Antreten, sechsmal Olympia wäre also möglich gewesen. Auch egal. Eine Zeitlang galt er als zweitbester Turmspringer der Welt hinter dem US-Amerikaner Greg Louganis. Als bestes Olympiaresultat steht allerdings der achte Platz 1980 in Moskau da. Mit mehr Stolz erfüllen Stajkovic EM-Bronze 1981 und EM-Silber 1982 vom Dreimeterbrett. "Brettspringen hab ich erst mit 18 Jahren gelernt, weil das Turmspringen mit der ziemlich kaputten rechten Schulter nicht mehr so gegangen ist."

Entdeckung des Surfens

Später, als er schon in den USA studierte, nahm ihn in den Ferien ein Freund mit zum Surfen nach Hawaii. Stajkovic war sofort gepackt, das Wellenreiten und Hawaii haben ihn bis heute nicht losgelassen. Er stieg in die Immobilienbranche ein, kaufte Grundstücke an der Nordküste von Oahu, baute ein Haus. Seit vielen Jahren vermietet er Ferienwohnungen, auch Österreicher checken oft bei ihm ein. "Und das taugt mir, weil ich wirklich heimatverbunden bin."Stajkovic hat eine Nase fürs Business. Bei einem Surf-Trip nach Bali kam ihm versteinertes Holz unter. Daraus lässt er nun Luxusgüter herstellen, zuletzt verkaufte er für 1,2 Millionen Euro eine Badewanne nach Dubai. Die Geschäfte laufen nicht schlecht.

Stajkovic hat Zeit, um rauszugehen, wenn die Wellen gut sind, und gut sind sie oft, vor allem in den Wintermonaten, Winter nach europäischem Maßstab. "Ich bin dem Surfen total verfallen, es hält fit, macht Spaß." Fitness sei die Grundbedingung, um am Leben zu bleiben. "Ab acht Meter hohen Wellen kann es um Leben oder Tod gehen, da sollte man keinen Fehler mehr machen." Bis zu 14 Meter hohe Wellen hat sich Stajkovic gegeben, mehr geht praktisch nicht, wenn man selbst rauspaddelt. Sich von einem Jet-Ski ziehen zu lassen, hat er bis dato verweigert. Mag sein, das ändert sich noch. Stajkovic legt sich nicht fest, das entspricht nicht seinem Naturell. Eine ständige Rückkehr nach Österreich? Nicht auszuschließen. Kinder? "Wenn ich die Richtige finde." So oder so ist er "total zufrieden mit meinem Leben".Niki Stajkovic ist, rechnet er aus, in seiner Karriere auf circa eine Million Sprünge gekommen, von Türmen, von Brettern. Im Schnitt waren es hundert am Tag, manchmal waren es bis zu zweihundert.

Mittlerweile springt er maximal alle heiligen Zeiten von einem Felsen wie zuletzt auf Rapa Nui. Seit drei Jahren ist Stajkovic Sportdirektor der Cliff-Diving-Tour von Red Bull. Er checkt Locations, sorgt für die Sicherheit, nicht des Geldes wegen, sondern zum Spaß. "Der Tross ist wie eine kleine Familie. Und unsere Partys sind nicht übel."Glück ja. Aber Zufall kann man so einen Stajkovic-Besuch nicht nennen. Acht- bis zehnmal im Jahr kommt er nach Österreich – zum Maturatreffen, zum Golfspielen, zum Relaxen, zum Arbeiten. Lieber und öfter kommt er, wenn der Sommer ins Salzkammergut gezogen ist. Dann sind an der Nordküste von Oahu, sagt Niki Stajkovic, die Wellen sowieso oft zum Vergessen. (Fritz Neumann, 5.3.2012)