Es wird noch eine Weile dauern, bis flächendeckende bestätigte Ergebnisse der Parlamentswahlen im Iran vorliegen, aber eines ist klar: Der politische Wille des iranischen Establishments wurde von jenen, die zur Wahl gingen - gewiss weniger, als die Behörden melden - nachvollzogen. Sie haben Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad zurechtgestutzt, der einstige rechte Überflieger ist heute ein Schmuddelkind. Es wird nur mehr wenige Ahmadi-Nejad-Leute im Parlament geben, das angesichts der gleichzeitigen Abwesenheit der Reformisten wieder so sein wird, wie es gewünscht wird: traditionalistisch konservativ.

Und Ahmadi-Nejad, der spätestens 2013 abtreten wird, hat plötzlich etwas mit Expräsident Mohammed Khatami, der ja in vielem sein totaler Widerpart ist, gemeinsam: Er ist ein iranischer Präsident, der versucht hat, eine eigene Politik zu machen und auf dem System aufgelaufen ist wie auf einen Prellbock. Ahmadi-Nejad hat die religiöse Autorität nicht theologisch herausgefordert wie der Gelehrte Khatami, der sein Programm der Öffnung theologisch argumentierte. Er war für das Establishment eher ein ästhetisches Problem, das jetzt abgestoßen wird.

Aber für das Establishment ist damit nicht alles gut: Ahmadi-Nejad war der Mann des religiösen Führers Ali Khamenei, dessen Urteilsvermögen nun Flecken aufweist. Und die vielen in der iranischen Gesellschaft, die Ahmadi-Nejad repräsentierte, sind auch noch immer da. (DER STANDARD Printausgabe, 5.3.2012)