Podgorica - Montenegrinische Medienvertreter haben sich am Donnerstagnachmittag vor dem Innenministerium in Podgorica versammelt, um gegen einen Überfall auf eine Journalistin der regierungskritischen Tageszeitung "Vijesti" zu protestieren. Olivera Lakic wurde am Mittwochabend vor ihrem Wohnhaus von einem unbekannten Mann mehrmals auf den Kopf geschlagen. Sie kam mit einer Gehirnerschütterung davon und musste die Nacht auf Donnerstag im Krankenhaus verbringen. Der Täter wurde bisher nicht gefasst.

Lakic erhielt wiederholt Drohungen, nachdem sie im Vorjahr eine Artikelreihe über die mutmaßliche Produktion von gefälschten Zigarettensorten in einem Betrieb im nordmontenegrinischen Mojkovac veröffentlicht hatte. Zuletzt wurden ihr Anfang des Jahres von Firmenbesitzern Grabblumen zugeschickt.

Oppositionspolitiker schlossen sich Protesten an

Der Protestkundgebung in Podgorica schlossen sich auch Vertreter nichtstaatlicher Organisationen und einige Oppositionspolitiker an. Demonstranten, die ihren Protest auch vor dem Sitz der Polizeiverwaltung bekundeten, trugen ein Spruchband, auf welchem die Namen aller bisher angegriffenen Journalisten standen. "Vijesti"-Chefredakteur Mihailo Jovovic und ein Mitarbeiter des Blattes wurden im August 2009 vom Bürgermeister Podgoricas und seinem Sohn angegriffen, als sie deren gesetzwidrig geparkten Wagen fotografierten. Zwei Jahre früher war der damalige Chefredakteur des Blattes , Zeljko Ivanovic, schwer verprügelt worden. Im letzten Sommer wurden mehrere Wagen der bei den Behörden unbeliebten Zeitungsredaktion in Brand gesetzt. Der Mordangriff auf den Chefredakteur des Oppositionsblattes "Dan", Dusko Jovanovic, im Mai 2004 wurde ebenfalls nie aufgeklärt.

Kulturminister Branislav Micunovic appellierte unterdessen an die Behörden, den jüngsten Überfall auf die "Vijesti"-Mitarbeiterin möglichst schnell aufzuklären. Solche Angriffe würden Montenegro nicht Europa näher bringen, warnte der Minister. Podgorica hofft derzeit auf den Beginn der Beitrittsgespräche mit der Europäischen Union im Juni. Die Medienfreiheit ist eines der Bereiche, in welchen es bis dahin zu Verbesserungen kommen muss. (APA)