Wien - Der am Montag erzielte Kompromiss zur umstrittenen Novelle des Paragrafen 112 Strafprozessordnung (StPO) hat am Dienstag zumindest bei der Journalistengewerkschaft, dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) und den Grünen für positive Reaktionen gesorgt. Die Journalistengewerkschaft, die eine Aushöhlung des Redaktionsgeheimnisses befürchtet hatte, war erfreut: Der Protest habe Wirkung gezeigt, hieß es in einer Aussendung. Auch die Grünen sehen die Entschärfung "gelungen". Weiter Kritik setzte es hingegen vom BZÖ.

Der Protest gegen die Änderungen der Strafprozessordnung habe Wirkung gezeigt, freute sich die Journalistengewerkschaft. Vorsitzender Franz C. Bauer sah einen "Erfolg einer demokratischen Öffentlichkeit, zu dem nicht unwesentlich die Aktivitäten und der öffentliche Druck der Journalistengewerkschaft beigetragen haben". Die Zahl der Unterstützer der Online-Petition gegen die Aushöhlung des Redaktionsgeheimnisses sei überwältigend gewesen, bis Dienstag am frphen Nachmittag unterschrieben über 2.400 Leute. Man werde "weiterhin wachsam sein und allen Überlegungen zur Einschränkung der Pressefreiheit mit aller Entschiedenheit entgegen treten", sagte der Vorsitzende des GPA-djp-Wirtschaftsbereichs ORF und Töchter, Fritz Wendl.

Rechtsanwaltskammer zufrieden

ÖRAK-Präsident Rupert Wolff zeigte sich zufrieden mit dem erzielten Kompromiss: "Unsere Bedenken wurden ausgeräumt." Man habe sich auf einen vernünftigen Text geeinigt, der Schutz der Rechte auf verschwiegene Informationen aller Geheimnisträger sei gewährleistet. Wolff begrüßt, dass bei der Durchsuchung einer Kanzlei oder Ordination oder der Beschlagnahmung von Unterlagen weiterhin der Richter zuständig ist. Die vereinbarte Ergänzung sei "durchaus gut und sinnvoll". Wolff stellte fest: "Wir sind mit dem jetzigen Änderungsvorschlag einverstanden."

Auch Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser erklärte in einer Aussendung, die Entschärfung der geplanten Einschnitte sei gelungen: "Die Proteste haben gewirkt." Die Rücknahme der Eingriffe durch Justizministerin Beatrix Karl (V) seien jedoch "kein Befreiungsschlag, sondern der Versuch einer Schadensbegrenzung": "Justizministerin Karl bleibt unter erhöhter Beobachtung der Grünen", kündigte Steinhauser an.

BZÖ-Justizsprecher Gerald Grosz sieht hingegen auch in der Kompromisslösung eine "schleichende Aushöhlung des Rechtsschutzes für jene Berufsgruppen, die einer Berufsgeheimnispflicht unterliegen". Staatsanwälte würden einmal mehr an die Kompetenz der Richter herangeführt. Das BZÖ beharre darauf, dass der betreffende Teil der Regierungsvorlage im Justizausschuss am heutigen Dienstag zurückgezogen wird und fordert eine Begutachtung. Grosz will die alte Regelung unverändert beibeihalten.

Richter sichtet nach Einspruch

Der Kompromiss sieht vor, dass der Paragraf 112 zum Umgang mit beschlagnahmten Dokumenten aus Hausdurchsuchungen bei Trägern von Berufsgeheimnissen (Rechtsanwälte, Medien, Ärzte etc.) ergänzt wird. Die bisherige Regelung, dass nach einem Einspruch des Betroffenen der Richter die Unterlagen sichtet und entscheidet, ob sie verwendet werden dürfen, bleibt bestehen. Zusätzlich wird Betroffenen eine Alternative angeboten: Sie können den Antrag stellen, dass sie gemeinsam mit dem Staatsanwalt die Unterlagen sichten. Gibt es dabei Uneinigkeiten, kann der Betroffene wieder Einspruch erheben, über den ebenfalls der Richter entscheidet. Anders als vorgeschlagen wird weiterhin auch ein beschuldigter Anwalt oder Journalist Einspruch erheben können - und künftig soll zudem verpflichtend auch der Betroffene an der Sichtung durch den Richter teilnehmen. (APA/red, 13.3.2012)