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Ahmadinejad im Parlament in Teheran.

Foto: APA/EPA/Taherkenareh

Teheran - Spannungen zwischen dem Lager des iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinedjad einerseits und dem konservativen Klerus und dem Parlament andererseits bestanden seit dem Amtsantritt des Präsidenten im Jahr 2005. Lange Zeit hatte Staatsoberhaupt und Religionsführer Ayatollah Ali Khamenei, der ihn auch an die Macht brachte, den Präsidenten aber weitgehend verteidigt. Seit einem Streit um die Entlassung eines Vertrauten Khameneis vor etwa zwei Jahren tut er das nicht mehr.

Den darauffolgenden Machtkampf scheint Ahmadinejad verloren zu haben. Vor 250 nationalen und internationalen Journalisten musste er sich am Mittwoch unangenehmen Fragen des Parlaments stellen. In erster Linie ging es dabei darum, den scheidenden Präsidenten noch weiter zu isolieren und ihn als "Lame Duck" vorzuführen, meint Walter Posch von der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik in einem Gespräch mit derStandard.at. Mit dem Hearing sei demonstriert worden, dass das Regime weiter die Fäden in der Hand hält.

Wie die staatliche iranische Nachrichtenagentur IRNA berichtet, trug Ali Motahari, einer der härtesten Ahmadinejad-Kritiker, die zehn Fragen von 79 Abgeordneten vor. Danach hatte der Präsident eine Stunde Zeit, sich zu den Themen Regierungsführung, Personal- und Wirtschaftspolitik, Korruption und Amtsstil zu äußern. 

Ahmadinejad: "Freunde sagten, dass ich mich ausruhen soll"

Zur Sprache kam auch die Weigerung seiner Regierung, ein neues Budget für den Ausbau der Teheraner U-Bahn zur Verfügung zu stellen. Ebenso wurde Ahmadinejad zu seiner im Sommer 2011 durchgeführten, elf Tage dauernden Amtsausübungsverweigerung befragt, nachdem Khamenei seine Entscheidung, Geheimdienstminister Heydar Moslehi zu entlassen, revidiert hatte. Ahmadinejad wies die Vorwürfe zurück, er habe damit Khamenei herausfordern wollen, und sagte: "Einige meiner Freunde haben mir immer wieder gesagt, dass ich mich ausruhen soll. Diese Regierung hat davor ihre Arbeit nicht für einen Tag niedergelegt."

"Ich hätte bessere Fragen stellen können"

Es sei die Pflicht des Parlaments, den Kurs der Regierung zu hinterfragen, sagte Ahmadinejad und ließ so die Kritik an seiner Person und seiner Politik abprallen. "Aber ehrlich, die Fragen, die hier gestellt wurden, sind nicht schwer zu beantworten. Ich hätte bessere stellen können", ätzte er. Dementsprechend sarkastisch fiel sein Fazit aus: "Ich erwarte, dass mir das Parlament nun die Note 1 gibt. Alles andere wäre unfair." Die Abgeordneten waren mit den Antworten allerdings nicht zufrieden. "Ahmadinejads Antworten waren unlogisch. Es war klar, dass er nicht antworten wollte. Er hat sich darüber lustig gemacht und das Parlament beleidigt", kritisierte der Parlamentarier Mohammad Taqi Rahbar.

Ahmadinejad muss nach der herben Wahlniederlage, die seine Partei bei der Parlamentswahl am 2. März erlitt, um seinen politischen Einfluss für den Rest seiner Amtszeit bis Sommer 2013 bangen. Einige Abgeordnete erwägen sogar ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn. Walter Posch geht aber davon aus, dass Ahmadinejad nicht vorzeitig aus dem Amt scheidet. Im Juni 2013 wird ein neuer Präsident gewählt, Ahmadinejad selbst darf nicht mehr antreten. Auch niemandem aus seinem Lager werden Chancen zugeschrieben. Posch warnt aber davor, Ahmadinejad zu schnell abzuschreiben, er sei "immer für Überraschungen gut".

Ex-Präsident Rafsanjani als Chef von Schlichtungsrat bestätigt

Ahmadinejads größter Widersacher, Ex-Präsident Ali Akbar Hashemi-Rafsanjani, ist derweil am Mittwoch von Khamenei für fünf weitere Jahre als Chef des Schlichtungsrates bestätigt worden. Der Schlichtungsrat mit seinen 35 Mitgliedern ist eine Kontrollinstanz der Islamischen Republik und hat ein Vetorecht bei Zwistigkeiten zwischen Parlament, Regierung und Wächterrat.

Für Rafsanjani ist die Wiederbestellung als Chef des Gremiums, das er seit 6. Februar 1989 leitet, ein dreifacher Erfolg: Zum einen kann er so weiterhin an den Hebeln der Macht sitzen und seinem Erzfeind Ahmadinejad auf die Finger klopfen. Ahmadinejads Gefolgschaft und die ihm nahestehende Presse hatten wochenlang gegen die Wiederbestellung Rafsanjanis mobilgemacht. Außerdem kann er den Wächterrat unter der Führung Ahmad Jannatis nach wie vor in seine Schranken weisen.

Letztlich ist Khameneis Entscheidung auch ein Zeichen, dass Rafsanjani trotz aller Versuche der Erzkonservativen, ihn von der politischen Bühne des Iran verschwinden zu lassen, nach wie vor ein gewaltiges Wort mitzureden haben wird. Denn Rafsanjani sitzt auch im Expertenrat, jenem Gremium, das für die (Ab-)Wahl des nächsten Obersten Führers zuständig sein wird. (APA/mhe, derStandard.at, 14.3.2012)