Unrühmliche Szene: Salzburgs Aubin kann ins leere Tor einschieben, da Olimpija-Goalie Pintarič bewusst das Tor verlässt. Sein Team möchte das Spiel nicht gewinnen.

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Mitte Feber verhängte der Strafsenat der Erste Bank Eishockey Liga gegen Olimpija Ljubljana, mittlerweile im Halbfinale gegen den EHC Linz knapp vor dem Saisonaus, eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 Euro wegen ligaschädigendem Verhalten. Trainer Hannu Järvenpää und Torhüter Matija Pintarič wurden gleichzeitig für vier bzw. zehn Spiele (davon zwei bzw. sechs unbedingt) gesperrt, in beiden Fällen lautete die Begründung auf "sportliche Schädigung". Was war passiert?

Sechs Tore gegen Marty Turco

Im die Zwischenrunde beschließenden Spiel zwischen dem EC Salzburg und Olimpija Ljubljana boten sich die beiden Teams am 14.Feber einen Kampf mit offenem Visier. Defensive Aufgaben wurden beiderseits vernachlässigt, die Fans im Volksgarten konnten während der regulären Spielzeit nicht weniger als zwölf Treffer bejubeln, nach 60 Minuten stand es 6:6. Besonders für die Slowenen, die mit ihrem Ersatztorhüter Matija Pintarič und aufgrund zahlreicher Verletzungen nur drei kompletten Formationen ins Spiel gegangen waren, ein bemerkenswerter Erfolg und auch gerechter Lohn für eine offensiv begeisternde Leistung.

Die Shootout-Farce

Das Spiel der 54. und letzten Runde des Grunddurchgangs musste also in einer Verlängerung entschieden werden. Diese erhielt weitere Brisanz, da die Vergabe des entsprechenden Zusatzpunkts, so weithin angenommen, über die endgültige Reihung zwischen dem Tabellenvierten Salzburg und -fünften Ljubljana und damit das Heimrecht im Duell dieser beiden Teams in der ersten Play-Off-Runde entscheiden sollte. Die Overtime endete torlos, es ging ins Penaltyschießen. Doch dabei fiel die Entscheidung nicht auf dem Eis, sondern am Telefon: Als die Nachricht vom überraschenden Auswärtserfolg des KAC beim souveränen Tabellenführer Linz im Parallelspiel die Bank der Slowenen erreichte, wurden die zuvor angestellten Rechenspiele obsolet. Olimpija konnte nun bei einer Shootout-Niederlage zwar auf Rang sechs zurückfallen, damit jedoch auch dem gefürchteten Titelanwärter Salzburg als ersten Play-Off-Gegner aus dem Weg gehen. Diese sich bietende Möglichkeit nahm Ljubljana dankend an, Torhüter Pintarič verließ bei zwei der drei Penalties sein Tor, die Salzburger Earl und Aubin konnten problemlos ins leere Tor einschieben. Die so offensichtlich beabsichtigte Niederlage im Shootout brachte den Drachen statt des Titelverteidigers den ungarischen Vertreter Székesfehérvár als Viertelfinalgegner.

Harte Bestrafung

Olimpijas Verhalten führte in den folgenden Stunden und Tagen sowohl medial als auch in Anhängerkreisen zu hitzigen Debatten, letztlich blieb die sportphilosophische Frage nach der moralischen Zulässigkeit eines bewusst (und fast aufreizend) verlorenen Penaltyschießens im Anschluss an 60 begeisternde Minuten Eishockey unbeantwortet. Als durchaus hart kann die zwei Tage später folgende Beurteilung durch den Strafsenat der Liga bewertet werden, so wurde etwa die über den Verein verhängte Geldstrafe gleich am Doppelten der im Regulativ festgeschriebenen Untergrenze festgelegt.
Weit weniger im Fokus der Öffentlichkeit stand gleichzeitig das parallel ausgetragene Spiel zwischen Linz und Klagenfurt, in dem beide Teams eine Vielzahl an Stammspielern schonten und somit das in §3(4) der Grundregeln der Erste Bank Eishockey Liga festgelegte Gebot ("Zu jedem Spiel soll die jeweils spielstärkste Mannschaft nominiert werden.") gekonnt ignorierten.

Gegner aussuchen

Einen Lösungsansatz, derartiges taktisches Geplänkel am Ende des Grunddurchgangs zu verhindern, bietet einmal mehr die vorbildliche schwedische Elitserien, in der in der vergangenen Woche das Viertelfinale startete. Fast schon traditionell ist es in der stärksten Liga des Kontinents so, dass sich die bestplatzierten Teams der Regular Season ihre Erstrundengegner in den Play-Offs aussuchen dürfen. Diese stets mit Spannung erwartete und auch entsprechend inszenierte Wahl wird am Abend des letzten Spieltags im Grunddurchgang live im Fernsehen übertragen. In der Reihenfolge der Abschlusstabelle dürfen die ersten Drei ihren jeweiligen Viertelfinalkontrahenten aus den Teams auf den Rängen fünf bis acht selektionieren.
So wählte heuer der Regular Season Champion Luleå (mit Konstantin Komarek) etwa nicht den Achtplatzierten aus Örnsköldsvik, sondern den Siebten AIK, gegen den man sich in den jüngsten direkten Begegnungen deutlich leichter getan hatte. Auch der Dritte, HV71, überraschte, indem man sich als Erstrundengegner gleich den regierenden Meister Färjestad aussuchte.

Ein Modell für die EBEL?

Nicht zuletzt aufgrund der unrühmlichen Erfahrungen am letzten Spieltag der laufenden Saison sei den Entscheidungsträgern in der Erste Bank Eishockey Liga empfohlen, sich in der Zeit bis zur Präsidentenkonferenz im Mai Gedanken darüber zu machen, ob eine Übernahme dieses schwedischen Modells nicht auch für die grenzübergreifende Liga in Mitteleuropa angebracht wäre. Offensichtliche Unsportlichkeiten wie jene Olimpijas wären damit zukünftig verunmöglicht, zudem ließe sich eine solche Auswahlzeremonie als kompaktes und gleichzeitig spannendes Event auch medial sehr gut verkaufen. So ist etwa davon auszugehen, dass der offizielle Broadcaster der Liga, ServusTV, höchst interessiert daran wäre, ein derartiges Spektakel live zu übertragen. Eine einstündige Sendung mit den Trainern oder sportlichen Leitern der acht Viertelfinalisten, die ihre Wahlentscheidungen begründen oder kommentieren als Kick-Off für die interessanteste Phase der Saison. Klingt doch gut, oder? (Hannes Biedermann; derStandard.at; 15.März 2012)