US-Regisseur William Friedkin inszeniert erstmals in Wien.

Foto: Lukas Beck

Wien - Mit French Connection avancierte er zum Regiestar. Damals, 1971, war William Friedkin gerade einmal 36 - und damit der jüngste Regisseur, der je mit einem Oscar ausgezeichnet wurde. Nach seinem zweiten großen Erfolg Der Exorzist ließen freilich ähnliche Erfolge auf sich warten - wohl auch deswegen, weil sich der Regisseur, Drehbuchautor und Produzent seit seiner Filmdoku The People vs. Paul Crumb (1963) für in den USA nicht überall gern gesehene gesellschaftskritische Themen interessierte. Mittlerweile produziert er seine Filme unabhängig.

1998 begann er dann in Florenz seine zweite Karriere als Opernregisseur, als deren bisheriger Höhepunkt wohl die Doppelinszenierung von Richard Strauss' Salome und Wolfgang Rihms Das Gehege in München (2006) gelten kann. Und auch in Wien hält sich Friedkin derzeit auf, um eine Opernpremiere vorzubereiten.

Zwischen seinen beiden Tätigkeitsfeldern sieht er indessen keinen prinzipiellen Unterschied, wie Friedkin gegenüber dem Standard anmerkt: " Die Oper ist dem Film so nahe wie keine andere Kunstform, weil sie Schauspiel, Bewegung, Farbe und Licht miteinander vereint. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die besten Opernsänger genau dasselbe von einem Regisseur erwarten wie die besten Filmschauspieler - eine psychologische Unterstützung für die Bewältigung ihrer Rollen, damit das ganze Ding dramatisch funktioniert." Musik war schon immer seine ständige Begleiterin: "Mich haben Alban Berg, Arnold Schönberg und Anton Webern sehr stark beeinflusst. Von diesen dreien habe ich auch Ausschnitte in Der Exorzist verwendet, außerdem welche von Hans Werner Henze und Krzysztof Penderecki."

Tonfall des Textes wichtiger

Dennoch verortet Friedkin bei Hoffmanns Erzählungen den Schwerpunkt seiner Arbeit auf einer anderen Ebene: "Für mich ist der Tonfall des Textes wichtiger als der Tonfall der Musik. Offenbachs Musik ist sehr leicht und locker, voll mit schönen Melodien. Der Text ist aber dunkel, übernatürlich und irritierend. Die Musik ist das nicht. Soweit es möglich war, habe ich mich auf die Stimmung der Worte gestützt, aber ohne mich von der Musik wegzubewegen. Allerdings: Hoffmanns Text ist eigentlich viel zu düster für Offenbach. Ich könnte mir fast eher eine Oper von Bartók oder Strawinsky vorstellen, aber das ändert nichts an der Großartigkeit von Offenbach. Wenn ein Werk wie Hoffmanns Erzählungen sich über 125 Jahre im Repertoire behaupten konnte, sollte man auch nicht allzu viel daran herumpfuschen."

Etliche Gedankenarbeit zur Gestalt des Werkes war dennoch vonnöten: " Diese Oper ist ein besonders schwieriger Fall, weil sie vom Komponisten unvollendet hinterlassen wurde", erzählt Friedkin. Verwendet wurde die Fassung von Michael Kaye und Jean-Christophe Keck, es wurden allerdings doch einige wenige Striche, um die Sache in Bewegung zu halten. "Kaye, der viel verlorenes Material wiedergefunden hatte, hat mich da sehr intensiv beraten. Mehr als ein Jahr lang habe ich fast jeden Tag mit ihm gesprochen. Er hat mir Einblicke und Stellungnahmen gegeben, die diese Produktion sehr stark beeinflusst haben."

Auch wenn es der Regisseur nicht direkt bestätigt, ist seine Arbeitsweise dabei wohl kaum von filmischen Erfahrungen und Mitteln ablösbar: "Manchmal zeigen wir, was in Hoffmanns Kopf vor sich geht, manchmal machen wir eine realistische Szene und gehen dann dazu über, zu zeigen, wie er die Welt sieht", erläutert Friedkin. "Aber diese Oper beinhaltet eigentlich fünf verschiedene Stücke. Das macht es sehr schwer, sie auf die Bühne zu bringen, weil Sie in jedem Akt ein anderes Bühnenbild und Licht brauchen und auch unterschiedliche Personen haben."

Zentrales Verbindungsglied sind für Friedkin dabei die wechselnden Frauenfiguren: "Wenn die Muse im letzten Akt zu ihm sagt, dass alle seine Frauen eigentlich ein und dieselbe waren, dann meint sie damit, dass sie alle die autodestruktive Seite Hoffmanns repräsentieren. Sie alle tragen zu seiner Selbstzerstörung bei. Diese Geschichte ist eigentlich sehr klar und schlüssig, und so erweckt das Stück letztlich überhaupt nicht den Eindruck eines unvollendeten Werks." (Daniel Ender, DER STANDARD, 17./18.3.2012)