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Finanzminister Evangelos Venizelos...

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...lernte am Samstag vor einer Woche die Vorzüge griechischen Joghurts kennen.

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Beim Liedgut hört der Spaß auf in Griechenland. Unter anderem. Man ist mit Anstand pathetisch, mit kollektiv geteilter Inbrunst poetisch. Einen berühmten Sänger auf der Bühne auszubuhen und mit Joghurt zu beschmeißen, ist an sich schon unschön, offenbart in Griechenland aber, wie tief die Staats- und Finanzkrise die Gesellschaft aufgewühlt hat. Eben das hat Giorgos Dalaras erfahren, der doch nur Gutes wollte: Konzerte umsonst in den arm gewordenen Athener Vorstädten aus Solidarität mit dem Krisenvolk.

Zum Wochenende hat er aufgegeben angesichts der Proteste, die ihm nach zwei Auftritten entgegenschlugen. Dalaras' Probleme: seine Frau, die Pasok-Abgeordnete und kurzzeitige stellvertretende Arbeitsministerin Anna Dalara, die im Parlament für die Sparpakete der Troika gestimmt hat; und seine eigene Meinung, denn Giorgos Dalaras findet die Memoranden mit EU, EZB und IWF zwar hässlich, aber alternativlos. Das sagte der 62-Jährige bei Popi Tsapanidou, der Morgen-Nudel in Skai TV . Mehr hat es nicht gebraucht.

In einer Sporthalle in Ilion, im Norden Athens, flogen erst Plastikflaschen mit Wasser und Pappbecher mit Kaffee, dann kam die Ladung Joghurt und am Ende noch ein Sessel. Dalaras hat wacker die Klampfe in den Händen gehalten und das getan, was er am besten kann: singen. Es sollen wieder nur zwei Dutzend gewesen sein, und das Konzert ging auch irgendwie friedlich zu Ende. Aber im Grunde war klar, dass Dalaras derzeit nicht öffentlich vorzeigbar ist. Ganz ähnlich wie die Staatsvertreter.

Karolos Papoulias, der betagte Präsident, war der erste, der angegriffen worden war und im vergangenen Jahr am 28. Oktober, dem Tag der traditionellen Militärparade zum „Nein“ gegen ein Ultimatum Mussolinis, in Thessaloniki den Rückzug von der Ehrentribüne antrat. Der beispiellose Vorfall war mit ein Grund für die Ankündigung des damaligen Regierungschefs Giorgos Papandreou, ein Referendum über den zweiten Hilfskredit und die absehbaren Auflagen der Troika abzuhalten, was dann in seinem eigenen Sturz und der Bildung der Übergangsregierung von Lukas Papademos mündete. Für den Nationalfeiertag am kommenden Sonntag, 25. März, hat Regierungssprecher Pantelis Kapsis jetzt aber die Losung „Alle Minister auf die Straße“ herausgegeben. Das Regierungslager müsse sich zeigen und den „extremen“ Protesten nicht den öffentlichen Raum überlassen.

Dalaras' Verbitterung aber ist groß. Das letzte Mal, dass man ihm verbat zu singen, sei in der Zeit der Militärjunta gewesen, sagte er. Dalaras ist für die Rubrik „Laiko“ in der griechischen Musik zuständig (λαϊκό / dem Volk zugehörig, populär), eines seiner berühmtesten Stücke heißt „Ach, meine Schwalbe“ (Αχ χελιδόνι μου“ / Ah helidonou mou), 1970 geschrieben von Lefteris Papadopoulus und komponiert von Manos Loizos. Es war ein Klagelied auf die verlorene Freiheit und gegen die Militärdiktatur und wurde deshalb zensiert. Vermutlich finden es nicht wenige Griechen auch für ihr heutiges Leben im Bankrott und mit Sparknebel ziemlich passend.

Die Übersetzung steht in greeklyrics.de, das Video zeigt Dalaras in einem ordentlich schwermütigen Konzertausschnitt von 2001. Kurz bevor Griechenland mit Volldampf in die Kredit- und Konsumwelt des Euro rauschte...