Wien - Es war die mit am heißesten diskutierte Frage bei der rot-grünen Koalitionsbildung: Was tun mit Alexander Van der Bellen? Fast 12.000 Vorzugsstimmen hatte der frühere grüne Bundessprecher bei der Wahl im Oktober 2010 ergattert - seine Partei aber nur einen Regierungssitz. Schließlich ließ man sich einen Posten für ihn einfallen: Van der Bellen ist Uni- und Wissenschaftsbeauftragter der Stadt. Ein Ehrenamt, wenn auch ausgestattet mit einem (von der Opposition heftigst kritisierten) Budget von 210.000 Euro.

Die Idee, zusätzlich zu den Regierungsmitgliedern noch Beauftragte oder Koordinatoren im Rathaus zu installieren, ist nicht neu; in rot-schwarzen Regierungszeiten in den 1990ern wurde etwa der damalige Wirtschaftskammerpräsident Walter Nettig als "Beauftragter für Außenwirtschaft der Stadt Wien" eingesetzt. Rot-Grün scheint dieses Modell aber besonders gut zu gefallen: Am Donnerstag, wird im Stadtschulrat eine Person vorgestellt, die sich der Schulschwänzer annehmen soll. Die Ausschreibung für einen Fußgängerbeauftragten läuft gerade. Und mit Martin Blum und Leopold Bubak hat die Stadt bereits zwei Koordinatoren für Radfahren und Parkpickerl.

Anlaufstelle für Aufgeregte

Im Falle Bubaks wurde dafür kein eigener Posten geschaffen. Er war und ist Leiter der MA 65 (rechtliche Verkehrsangelegenheiten). Seit er die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung koordiniert, hat sich seine Arbeit dennoch völlig verändert, wie Bubak dem Standard erzählte: "80, 90 Prozent meiner Zeit verwende ich für das Parkpickerl, außerdem nehme ich mir jeden Tag einen Stoß Arbeit mit heim. Ich habe in der Abteilung für die Projektdauer einiges umorganisiert."

Ausschreibungen für Verkehrszeichen, Organisation der Kurzparkzonen-Überwachung, finanzielle und legistische Maßnahmen - das alles koordiniert Bubak. Und er ist Anlaufstelle für viele aufgeregte Autofahrer, etwa bei Informationsveranstaltungen: "Da wird auf einen hingeprügelt, man ist das Krokodil im Kasperltheater." Dabei hängt Bubaks Job unmittelbar davon ab, was in den Bezirken beschlossen wird: "Dann fängt die Arbeit bei uns erst an."

Steigerung beim Radfahren erhofft

Neu im Betrieb der Stadt ist hingegen Radfahrbeauftragter Blum. Er arbeitete beim Verkehrsclub Österreich, bewarb sich dann für die Leitung der 2011 gegründeten, mit 900.000 Euro dotierten Radagentur - und setzte sich gegen 440 Mitbewerber durch. Seine Mission ist die Umsetzung des im rot-grünen Regierungspapier vereinbarten Ziels, den Anteil der geradelten Kilometer am gesamten Verkehr in der Stadt von derzeit sechs auf zehn Prozent zu bringen.

Vom Schlagloch im Radweg bis zu Streitereien zwischen den Verkehrsteilnehmern wird auch er mit allen möglichen Anliegen konfrontiert. Dass es für gewisse Themen eigene Koordinatoren gibt, sei zwar nicht neu, meint Blum - "aber nach außen hin verkauft wird es jetzt stärker." (Andrea Heigl, DER STANDARD, 22.3.2012)