Bild nicht mehr verfügbar.

Techniker werden in unterschiedlichen Branchen gesucht - gefragt sind neben dem notwendigen Fachwissen auch Soft Skills.

Foto: AP/Matthias Rietschel

In welchen Bereichen werden Arbeitskräfte nachgefragt? Wie sehen die Einstiegsszenarien aus? Benötigen Techniker neben ihrer Fachausbildung Zusatzqualifikationen? derStandard.at hat dazu die Großunternehmen Lenzing AG, OMV, Porr und Voestalpine um eine Stellungnahme gebeten.

Der Ruf nach "weichen" Fähigkeiten - sogenannten Soft Skills - ist in so gut wie allen Berufssparten unüberhörbar. Dass auch Techniker über "soziale Kompetenzen" zur Selbstvermarktung verfügen sollten, zeigt allein der Blick auf die Angebotspalette des Karrierecenters der TU Wien. Es scheint allerdings so, dass die Relevanz der fachlichen Eignung in der öffentlichen Diskussion der vergangenen Jahre zu sehr in den Hintergrund gerückt wurde. Diesen Eindruck bestätigen zumindest teilweise die Antworten der befragten Human-Resources-Abteilungen.

Spezialisten oder Allrounder?

Grundsätzlich bieten die befragten technisch-wissenschaftlichen Unternehmen zwei zentrale Karrierewege an: einerseits den des technischen Spezialisten, auf der anderen Seite jenen des Managers, der über Allroundfähigkeiten verfügen soll. "In der Regel erfolgt der Einstieg bei der OMV in einer Spezialisten-Funktion. Nach einigen Jahren, in denen interne Fortbildungen durchlaufen werden, besteht die Möglichkeit für eine Expertenposition, um schließlich eine Stelle als Allrounder bekleiden zu können", heißt es von Unternehmensseite.

Weniger klar definiert ist das Karrieremodell in der Voestalpine, wo aufgrund der breiten Einsatzgebiete sowohl Spezialisten als auch Allrounder - unabhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit - ihren Platz finden. Die Lenzing AG setzt bei neuen Mitarbeitern zwar nicht ausschließlich, doch überwiegend auf Experten, "wenn auch der Blick auf das Ganze im Sinn von 'unternehmerischem Denken' notwendig ist", erklärt Angelika Guldt, Head of Corporate Communications.

Skills für den internationalen Einsatz

Aufgrund ihrer Marktaktivitäten rund um den Globus werden gute Englischkenntnisse bei allen vier Unternehmen vorausgesetzt. Lenzing AG und OMV fordern explizit "interkulturelle Sensibilität", um auf dem internationalen Parkett reüssieren zu können. Daneben sollten Bewerber über Soft Skills wie Flexibilität, Innovationskraft, Umsetzungsstärke, Teamgeist, Engagement und Freude am Job verfügen, also Eigenschaften, die relativ vage definiert sind und quasi zum Standardrepertoire diverser Stellenanzeigen zählen.

Der Einstieg ins Unternehmen

Die Voestalpine bietet für Neueinsteiger spezielle Trainee-Programme an. Dieses "Training on the Job" dient primär dazu, die verschiedenen Unternehmensbereiche kennenzulernen, erste Kontakte zu knüpfen und Einblicke in die Unternehmensstrukturen zu erhalten. "Eine weitere Besonderheit ist unser 'High Mobility Pool', in dem hochmobile Potenzialträger die Chance haben, ihre Fähigkeiten in internationalen Projekten einzubringen. Dieses Entwicklungsprogramm richtet sich an Hochschulabsolventen mit etwa drei Jahren Berufserfahrung, die für 24 Monate ausreichend Praxis in unterschiedlichen Ländern, Unternehmen und Einsatzgebieten sammeln können", erläutert Voestalpine-Pressesprecher Peter Felsbach. Zwischen den Projekteinsätzen treffen sich die Kollegen an "Homecoming Days" zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch. Verpflichtend sind außerdem "Blue-Collar-Stays", damit die Teilnehmer die unterschiedlichen Produkte sowie deren Erzeugung besser verstehen lernen.

Bei der Lenzing AG und Porr starten Absolventen technischer Studienrichtungen direkt in einer Position innerhalb des Konzerns. Nach einer umfangreichen Einschulung sorgen interne Aus- und Weiterbildungsangebote für Entwicklungsmöglichkeiten. Die OMV sieht vor, dass sich Interessierte jederzeit an die "Recruiting & Employer Branding"-Abteilung wenden können. Im Zuge des Auswahlverfahrens wird ein mehrstufiger Prozess durchlaufen, der persönliche Interviews mit Vertretern aus dem HR-Bereich, dem Management des jeweiligen Geschäftsfeldes sowie dem Assessment-Center umfasst.

Frauen in die Technik

Ein Schwerpunkt der OMV liegt in der Rekrutierung von Frauen für technische Berufe. "Wir vergeben momentan 15 Technik-Stipendien an Maturantinnen und suchen dringend Bewerberinnen", so der Appell des Unternehmens. Das Angebot richtet sich vor allem an Frauen aus einem finanziell benachteiligten Umfeld, die sich beispielsweise für eine Ausbildung an der Montanuniversität Leoben oder der TU Wien interessieren.

Vielfalt an relevanten Ausbildungen

Das Spektrum der von den Unternehmen präferierten Studienrichtungen ist relativ breit. Der weltweit agierende Faserhersteller Lenzing setzt - ebenso wie OMV und Voestalpine - auf Verfahrenstechnik und (Technische) Chemie. Der Mineralölkonzern benötigt darüber hinaus Erdölwissenschaftler und Absolventen der Fächer Maschinenbau, Elektro-, Werkstoff- und Umwelttechnik, Technische Physik sowie Informatik. Für die kommerziellen Agenden des Unternehmens sind sämtliche Wirtschaftsstudien, aber auch Juristen von Interesse.

Ein nicht unähnliches Bild zeigt sich bei der Voestalpine, die zusätzlich Metallurgie, Automatisierungstechnik, Industriellen Umweltschutz und Mechatronik als zentrale Einsatzbereiche nennt. Porr verstärkt hingegen derzeit sein Team in den Bereichen Gebäude- und Bautechnik, Bauleitung, Statik, Hoch-/Tiefbau sowie Kalkulation. Zudem besteht auch hier eine Nachfrage nach der Studienrichtung Maschinenbau für die Sparte Baumaschinen.

Zusatzqualifikationen erwünscht

Neben einer fundierten Ausbildung werden Praktika sowie ein Auslandssemester in allen befragten Unternehmen honoriert. Die Voestalpine achtet darüber hinaus besonders auf das Thema der Abschlussarbeit. Idealerweise haben Bewerber auch ihre ersten praktischen Erfahrungen in einer der Voestalpine-Gesellschaften gesammelt. "So können die Studenten unsere Arbeitswelt kennenlernen und das Unternehmen die potenziellen Mitarbeiter. Gerade für technische Absolventen hat sich dieser Einstiegsprozess besonders bewährt, denn zahlreiche frühere Diplomanden und Praktikanten kehren wieder zurück und beginnen ihre Berufslaufbahn bei uns", erläutert Peter Felsbach.

Über Geld spricht man nicht

Beim Einstiegsgehalt hält man sich eher bedeckt. Die Lenzing AG möchte dazu dezidiert keine Auskunft geben. Die Voestalpine verweist auf die entsprechenden Kollektivverträge beziehungsweise gesetzlichen Vorschriften, wobei im Zusammenhang mit der individuellen beruflichen Vorerfahrung ein Spielraum nach oben möglich ist. Auch die OMV bleibt sehr vage und spricht von einer marktkonformen Entlohnung, die sich an den Industriestandards orientiert. Einzig Porr macht konkrete Angaben: Das Anfangssalär für Absolventen von technischen Studienrichtungen beträgt derzeit 36.500 Euro per anno, aber auch hier sind - je nach Position und in Abhängigkeit vom spezifischen Qualifikationsprofil - Steigerungen möglich. (Günther Brandstetter, derStandard.at, 5.4.2012)