Bochum - Eine Schließung des Bochumer Opel-Werks würde dem Betriebsrat zufolge über Jahre tiefe Löcher in die Bilanzen des Mutterkonzerns GM reißen. "Bochum würde zum Milliarden-Grab für GM", warnte der örtliche Betriebsratschef Rainer Einenkel das Management des US-Mutterkonzerns nach einer Belegschaftsversammlung am Samstag in Bochum. Im Extremfall werde die Marke Opel ein Aus für Bochum nicht überleben. Er appellierte eindringlich an das Management des Konzerns, mit den Arbeitnehmern Pläne für die Zukunft des Opel-Standorts zu entwerfen, der einmal mehr von einer Schließung bedroht sei. "Wir sind zu jedem Gespräch bereit - wann und wo auch immer."

5.000 Menschen betroffen

Der Opel-Aufsichtsrat hatte zuletzt am Mittwoch in Rüsselsheim über eine weitere Sanierung der chronisch defizitären GM-Tochter beraten, ohne aber konkrete Beschlüsse zu fassen. Die IG Metall hatte dem Mutterkonzern aus Detroit vorgehalten, er wolle Opel zu Tode sparen. Einenkel sagte in Bochum, bei GM sei die Schließung von zwei bis drei Werken in Europa im Gespräch. Dazu zähle auch Bochum. Ein Ende für das Traditionswerk im Ruhrgebiet, das in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiern soll, wäre aber "die teuerste Werksschließung aller Zeiten". GM drohten etwa hohe Abfindungskosten für die Arbeitnehmer und lange arbeitsrechtliche Prozesse.

Insgesamt gehe es dabei nicht wie von Opel dargestellt um rund 3.200, sondern um 5.000 Menschen - denn viele von einer Schließung betroffene Mitarbeiter seien an Partnerbetriebe verliehen und hätten das Recht, zu Opel zurückzukehren. Die Mitarbeiter würden zudem "nicht freiwillig gehen", kündigte Einenkel an. Auch stünden die einzelnen Werksteile in Bochum auf dem Gelände ehemaliger Zechen - kein Investor würde wegen hoher Sanierungskosten die Werksgelände übernehmen. "Die Kosten bleiben bei GM hängen", warnte Einenkel. Insgesamt brächte ein Ende für Bochum auch einen gewaltigen Imageschaden für Opel - mit weiter sinkenden Verkäufen für den Hersteller: "Das würde die Marke Opel nicht überleben."

Opel will keine Regionalmarke sein

Einenkel räumte ein, dass Opel mehr Fahrzeuge produziert, als benötigt werden - ein Grund dafür sei auch die Kaufzurückhaltung in den südeuropäischen Schuldenstaaten, die auch anderen Herstellern zusetze. Die Arbeitnehmer setzten aber auf Gespräche mit dem Management, um die Zukunft des Herstellers zu sichern. GM könne sich etwa am weitaus erfolgreicheren Volkswagen -Konzern orientieren. Dieser produziere und verkaufe seine Marken weltweit, während Opel-Modelle nur in Europa angeboten würden und die Marke damit "unter der Käseglocke" gehalten werde. "Lasst uns weltweit Fahrzeuge verkaufen", rief Einenkel das Management auf. Umgekehrt könne GM auch Chevrolet-Modelle in Deutschland bauen lassen, so könne etwa der Orlando, ein Schwestermodell des Zafira, künftig in Bochum gefertigt werden. Doch konkrete Pläne dafür gebe es nicht, vielmehr würden immer neue Schließungsszenarien in die Welt gesetzt: "Das ist eine Wahnsinnspolitik - sie ist verkaufs- und rufschädigend." Opel-Arbeitsdirektor Holger Kimmes habe den Arbeitnehmern bei der Betriebsversammlung keine neuen Perspektiven aufzeigen können.

Einenkel zeigte sich aber zuversichtlich, dass das Bochumer Werk auf über 2014 hinaus erhalten werden kann. Bis dahin sind dort betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen, im Gegenzug spart GM bei den Löhnen. 2500 Opelaner seien zu der Betriebsversammlung gekommen, es herrsche eine "kämpferische Stimmung". Sechs Schließungspläne habe es bereits gegeben, alle habe das Werk überlebt: "Der Arbeitsdirektor geht mit der Botschaft zurück, dass man sich an Bochum die Zähne ausbeißen wird." Die europäischen Werke würden sich zudem nicht gegeneinander ausspielen lassen - dies gelte auch für die neue Allianz mit der französischen PSA. Ein Vertreter der IG-Metall-Bezirksleitung, Boris Karthaus, kündigte ein Gewerkschaftertreffen auf europäischer Ebene an, bei dem Strategien erörtert werden sollten, um zu verhindern, dass Werke gegeneinander ausgespielt und die Autofirmen in eine neue Kostensenkungsspirale gepresst würden.

Hartnäckigkeit

Betriebsrat Einenkel, der bereits 40 Jahre für Opel arbeitet, sagte, er habe noch über sieben Jahre Arbeitszeit vor sich - und diese werde er im Bochumer Werk ableisten. "Wir haben bald zehnjähriges Schließungsjubiläum", sagte Opel-Mitarbeiter Carsten Adametz vor dem RuhrCongess-Zentrum, in dem die Beschäftigten zusammenkamen. Seit 2004 kursierten immer neuen Schließungspläne. "Aber uns gibt es immer noch", betonte der gelernte Werkzeugmacher im knallgelben "Wir bleiben Bochum"-Pullover.

Ein Opel-Sprecher sagte, es gebe noch keinerlei Entscheidungen zu den Opel-Werken. Das Management rede mit allen Beteiligten, um Opel wieder profitabel zu machen. (APA, 1.4.2012)