Wien - Angesichts des aktuellen Spardrucks im ORF und der bevorstehenden Standort-Entscheidung will der Kärntner Stiftungsrat Siggi Neuschitzer auch das alte Zulagensystem im öffentlich-rechtlichen Sender neu diskutieren. In einer Aussendung kritisierte der FPK-nahe Stiftungsrat am Dienstag "eine Vielzahl an Zulagen", die vor allem alten ORF-Verträgen entstammten und deren Sinnhaftigkeit für Neuschitzer "mehr als hinterfragenswert ist". Der ORF müsse sich selbst restrukturieren, dabei dürfe es auch kein Tabu geben, so Neuschitzer. Einem Neubau in St. Marx erteilte er eine klare Absage, plädierte aber für eine Ausweitung der Werbezeiten. Der ORF wies die Kritik Neuschitzers zurück.

Ein großer Teil der kritisierten Zulagen - Neuschitzer nannte etwa Schutzzulagen, Höhenzulagen und eine Reihe weiterer Vergünstigungen - sei "im seit neun Jahren gültigen ORF-Kollektivvertrag" ohnehin gar nicht mehr vorgesehen, so die ORF-Replik. "Abgesehen davon, dass es verwundert, wenn ein Stiftungsrat das Unternehmen öffentlich auf polemische Art und mit Halbwahrheiten in Misskredit bringt, dürfte Stiftungsrat Neuschitzer auch nicht ganz auf dem aktuellen Stand sein", hieß es am Küniglberg. Mit der Aufforderung zum Sparen renne Neuschitzer hingegen "offene Türen ein, der ORF hat bekanntlich in den vergangenen Jahren mehr als 150 Millionen Euro bzw. 500 Dienstposten beim Personal eingespart".

"Wie ein Hohn"

Bereits vor einigen Wochen hatte die ORF-Geschäftsführung angekündigt, der Sender müsse bis 2016 rund 65 Millionen Euro sparen, und Kollektivvertragsverhandlungen mit dem Betriebsrat in Aussicht gestellt. Laut Neuschitzer lägen "die durchschnittlichen Kosten für einen ORF-Mitarbeiter im vergangenen Jahr bei 103.000 Euro", womit diese "im Vergleich zu anderen Angehörigen der Medienbranche überdurchschnittlich hoch besoldet" sind. Die meisten Zulagen würden da "wie ein Hohn" anmuten. Neuschitzer sprach sich deshalb für eine "Durchforstung und Korrektur" des Zulagensystems im ORF aus. Weiters prangerte er sogenannte "Weiße Elefanten" an, hoch bezahlte Mitarbeiter ohne speziellen Aufgabenbereich. Als Beispiel nannte er einen ehemaligen Direktor, "der fünf Jahre lang bis zu seiner Pensionierung mit einem Jahresgehalt von 196.000 Euro spazieren gehen darf".

Um dem ORF finanziell entgegenzukommen, kann sich Neuschitzer eine Ausweitung der Werbezeiten vorstellen. Es wäre "besser, man buche im österreichischen Qualitätsfernsehen als in deutschen Privatsendern, die für Österreich kaum Programm machen müssen und einfach deutsche Werbeblöcke überstrahlen".

Im ORF zeigte man unterdessen Unverständnis über die "polemische" Kritik Neuschitzers. Mit der Diskussion um einen zukünftigen ORF-Standort habe das alles jedenfalls gar nichts zu tun, hieß es aus dem öffentlich-rechtlichen Sender. (APA, 3.4.2012)