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Ein Sensor für alles: Organisch basierte Nanotechnologie spürt CO2 genauso wie jegliche andere Verschmutzungen auf - ganz nach Bedarf.

Foto: REUTERS/David Gray

Organische Elektronik gilt als boomender Forschungszweig. Immer dünner, effizienter und billiger lautet die Devise. Erst am Dienstag vermeldete die Johannes-Kepler-Universität in Linz die Entwicklung der bisher leichtesten organischen Solarzelle. Gerade vier Gramm pro Quadratmeter wiegen die Zellen und erreichen dennoch einen hohen Wirkungsgrad, wie die Forscher in Nature Communications berichten.

Was aber ist das "Organische" an dieser neuen Elektronik, die eine Art Goldgräberstimmung auslöst? Es bedeutet, dass Kohlenstoffverbindungen mit halbleitenden Eigenschaften, wie sie auch in der Natur vorkommen, in elektronischen Schaltungen eingesetzt werden. Praktischerweise können sie auch auf flexible Unterlagen aufgebracht werden und ermöglichen damit völlig neue Anwendungen vom falt- oder aufrollbaren Display über direkt in Kleidung, Etiketten oder Pflaster integrierte elektronische Schaltungen bis hin zu großformatigen Fotovoltaikanlagen oder Sensoren zur Kontrolle von Luft- und Wasserqualität. Der zentrale Vorteil dieser Schaltungen sind ihre geringen Herstellungskosten, die sie für eine Massenproduktion von "Wegwerfelektronik" besonders interessant machen.

In Österreich erwartet man sich viel von dieser Technologie. So wurde im Jahr 2005 das Verbundprojekt Isotec (Integrated Organic Sensor and Optoelectronic Technologies) ins Leben gerufen und mit rund zehn Millionen Euro von der Österreichischen Nanoinitiative des Verkehrsministeriums gefördert. Ziel des Forschungsclusters war es, neue Anwendungsgebiete der Sensorik unter Einbindung neuer organischer Materialien zu erschließen. Zu diesem Zweck haben Forscher aus unterschiedlichsten Fachbereichen - von der Optik über die Sensorentwicklung bis zur Mikro- und Nanostrukturierung - ihr Know-how gebündelt. Da von Anfang an auch Wirtschaftsbetriebe eingebunden wurden, entstand zudem eine Brücke zwischen Grundlagenforschung und industrieller Praxis.

Zum Abschluss des Megaprojekts im April haben die 20 von Joanneum Research und dem NanoTecCenter Weiz koordinierten Partner aus Forschung und Industrie die Früchte ihrer siebenjährigen Arbeit präsentiert, darunter 30 Patente und 15 Preise. "Wir haben zunächst ein Basiswissen aufgebaut, aus dem heraus wir die verschiedenen Applikationen und schließlich drei Prototypen entwickeln konnten", berichtet Projektkoordinator Volker Schmidt von Joanneum Research.

Mehrfachanalyse

Zurzeit wird gerade der Prototyp eines sogenannten "organischen Multianalytsensors" getestet. Dabei handelt es sich um eine optische Sensorplattform mit integrierten organischen Fotodioden, die in Kooperation von TU Graz, Karl-Franzens-Universität und Joanneum Research entwickelt wurde. Dieser flexible Sensor soll künftig für Raumluftüberwachung oder für medizinische Schnelltests eingesetzt werden können. Auch eine Integration in Verpackungsmaterialien zur Lebensmittelüberwachung ist möglich. "Der Multianalytsensor ist auch für den Einsatz in der Fischzucht zur Kontrolle des Ammoniakgehalts im Wasser oder zur Überwachung von Gasen, etwa in Gerbereien oder Weinkellern geeignet", sagt Schmidt.

Mit dieser Plattformtechnologie können organische Fotodioden auf einem Sensorchip integriert werden, was einen miniaturisierten Aufbau ermöglicht. Die einfache Herstellung optischer Elektronik auf nahezu beliebigen Trägermaterialien bietet eine optimale Voraussetzung für diese Integration. "Man hat damit also die gesamte Sensorplattform beispielsweise als Plastikfolie vorliegen und erspart sich so die Integration der einzelnen Bauteile", erläutert der wissenschaftliche Isotec-Koordinator Emil List.

Die steirische Forschergruppe ist zurzeit weltweit die einzige, der es gelang, organische Fotodioden in ein Sensorsystem zu integrieren. Musste man für einen Sensor bisher eine externe LED (Light Emitting Diode), das optische System und einen Detektor erst zusammenbauen, kann man diese Elemente mit der neuen Plattform einfach auf ein Kunststoffsubstrat aufdampfen oder aufdrucken und erhält so ein fertiges Sensorbauteil. " Zudem kann man eine Reihe von Fotodioden aufbringen, um mehrere Analyten gleichzeitig zu messen", sagt der Festkörperphysiker.

Dünne Schichten

So können mehrere Messgrößen von Sauerstoff über den pH-Wert bis zu CO2 und Luftfeuchtigkeit gleichzeitig online auf einem chipkartengroßen Sensor erfasst werden. Mit geringem Aufwand kann die Plattform an die unterschiedlichsten Anforderungen angepasst werden. "Die Herausforderung dabei ist vor allem das exakte Aufbringen der extrem dünnen Schichten", weiß Projektmitarbeiter Martin Sagmeister von Joanneum Research. " Immerhin arbeiten wir im Nanobereich - im Vergleich zu diesen Schichten ist schon ein Staubkorn riesig!"Bereits vor einigen Jahren wurde mit AVL ein hitzebeständiger Sensor zur Detektion von Gasen, die aus einer Brennstoffzelle entweichen, entwickelt. Mit dem Industriepartner AT&S entstand ein Prototyp für die störsichere Hochgeschwindigkeitsdatenübertragung mittels Licht als Datenträger. (Doris Griesser, DER STANDARD, 4.4.2012)