Wien - Kritiker des österreichischen Glücksspielgesetzes sehen sich durch ein neues Urteil aus Oberösterreich bestätigt. Das Landesgericht Ried im Innkreis hat am Montag in zweiter Instanz einen italienischen Staatsbürger vom Vorwurf des illegalen Glücksspiels freigesprochen, teilte dessen Anwalt Patrick Ruth mit. Die Begründung des Gerichts: Das heimische Glücksspielmonopol sei EU-rechtswidrig, daher die entsprechende Bestimmung im Strafgesetzbuch (§168 StGB) nicht anwendbar.

Seit der Europäische Gerichtshof (EuGH) im September 2010 das österreichische Glücksspielmonopol gekippt hat, scheiden sich die juristischen Geister darüber, ob private Casinobetreiber jetzt überhaupt noch bestraft werden dürfen. Die Luxemburger Richter befanden nämlich die bis dato stets freihändig erfolgte Vergabe der Casinolizenzen an die Casinos Austria als unionsrechtswidrig.

Rechtskräftiges Urteil

Ins Rollen gebracht hatte das ganze der Deutsche Ernst Engelmann ("Causa Engelmann), der sich - ebenfalls in Oberösterreich - wegen Betriebs eines illegalen Casinos vor Gericht verantworten musste. Im Berufungsverfahren wandte sich das Landesgericht an den Europäischen Gerichtshof, weil es Bedenken hatte, ob die österreichischen Glücksspielvorschriften mit EU-Recht vereinbar sind. Der EuGH kippte schließlich das Monopol auf Roulette und Co., Österreich musste sein Glücksspielgesetz (GSpG) novellieren. Trotzdem fasste Engelmann, der ebenfalls von Anwalt Ruth vertreten wird, im März 2011 eine Geldstrafe aus.

Nicht so sein Mandant Antonio Formato, dessen Fall ebenfalls bis zum EuGH ging. Der Italiener betreibt seit dem Jahr 2004 ein Casino in Ried im Innkreis und wurde 2005 mit einer anonymen Anzeige konfrontiert. Eigentlich, so sein Rechtsvertreter, sei darin von "illegaler Geheimprostitution" die Rede gewesen. Bei einer Razzia hätten sich die Beamten aber lediglich für einen möglichen Verstoß gegen die Glücksspielbestimmungen interessiert, zahlreiche Automaten und Pokertische seien beschlagnahmt worden. 

Bereits in erster Instanz sei Formato vom Vorwurf nach §168 Strafgesetzbuch ("Glücksspiel") freigesprochen worden, sagte Ruth. Die Staatsanwaltschaft legte daraufhin Berufung ein, heute bestätigte das Landesgericht Ried schließlich den erstinstanzlichen Entscheid. Das Urteil ist nun rechtskräftig. Das Rieder Gericht, so Ruth, habe sich sogar an den EuGH gewandt. Die EU-Richter hätten aber lediglich auf den Fall Engelmann verwiesen, da die Vorlagefragen die gleichen gewesen seien.

VfGH prüft Glücksspielgesetz-Novelle

"Mittlerweile habe ich 50 Freisprüche wegen illegalen Glücksspiels", sagte Ruth. Eine weitere Mandantin sei heute in Salzburg vom Vorwurf nach §168 StGB freigesprochen worden. Das Rieder Urteil sei insofern von Bedeutung, als es es um einen letztinstanzlichen Entscheid handle, der auch schriftlich ausgefertigt werde. Nicht nur er, sondern auch die überwiegende Zahl der österreichischen Rechtsprofessoren sei der Meinung, dass auch das neue österreichische Glücksspielgesetz EU-rechtswidrig sei. In erster Linie sind es die Konkurrenten der Casinos Austria, also private Automatenbetreiber und Online-Wettanbieter, die sich durch die neuen Bestimmungen benachteiligt fühlen. Die Ausschreibung der Spielbanklizenzen sei auf die Casinos Austria zugeschnitten, wird etwa moniert. Die GSpG-Novelle beschäftigt mittlerweile auch den Verfassungsgerichtshof (VfGH). (APA, 23.4.2012)