Ein Rindvieh, die Berge und der vergoldete Strauß - das sind die Sujets, die auf dem Cover des "Unser Österreich Stickerbuchs" von Billa prangen.

Foto: billa

Ein Rindvieh, die Berge und der vergoldete Strauß – das sind die Sujets, die auf dem Cover des "Unser Österreich Stickerbuchs" von Billa prangen. Ausgewählt wurden die Motive "möglichst facettenreich – wie es auch unserem Land entspricht – von berühmten Töchtern und Söhnen, bekannten Musikern, kulinarischen Schmankerln bis hin zu Prachtbauten oder Tieren", so die Auskunft der Marketingabteilung von Rewe. Dass sich unter den insgesamt 39 Berühmtheiten nur zwei weibliche befinden, ehrten die Redakteurinnen von dieStandard.at mit einer "Zitrone".

Die 2011 gestartete Stickerkampagne von Billa stieß auch dem Werberat ungut auf. Mit dem lockenden Slogan "Hol dir jetzt dein Stickerbuch" handelte sich der Konzern Klagen wegen "verbotener Kinderwerbung" ein. Ein ganz anderer Aspekt der Kampagne ist es aber, der für mich persönlich in einem Billa-Boykott resultierte.

"Möglichst facettenreich"

Dieser weitere, bisher unbeachtete Knackpunkt der Aktion ist: Es erzeugt ein Österreichbild, das es so nicht gibt und vor allem nie gegeben hat. Zudem werden viele Lebensrealitäten ausgeschlossen. Abgesehen von Frauen sind es zum Beispiel die Einwanderer. Die selbst so genannte "möglichst facettenreiche" Auswahl ist eher ein Sammelsurium volkstümlicher Heimatmotive, das kaum über den Tellerrand blickt, als dass es ein Überblick über die vielfältige Gesellschaft Österreichs wäre.

Was man und frau sich anstelle zumindest einiger der öden Kirchen-, Wiesen- und DJ-Ötzi-Sticker vorstellen könnte? Harri Stojka, das Kulturzentrum auf dem Spittelberg oder eine Erwähnung des Kulturtreibens auf dem Naschmarkt, der nicht zuletzt wegen seiner Diversität einzigartig ist. Natürlich auch weit und breit kein Sticker der Wiener Tschuschenkapelle. Welches Kind ist schließlich an einer Ethno- und Weltmusik-Band interessiert? Aber hoppala, Kinderwerbung war ja böse.

Blunzn?

Dann kommen wir zum Guten. Zur Vorbildfunktion, die Billa hätte einnehmen können, dies aber verabsäumt hat. Leider also nur ein Konjunktiv. Denn dem Konzern scheint es blunzn zu sein, dass sich viele Menschen nicht mit dem Wald-und-Wiesen-/DJ-Ötzi-und-Edelweiß-Schmäh identifizieren können. Während es häufig MigrantInnen sind, die beim Billa an der Kassa sitzen, erfahren sie im heimatlichen Stickeralbum keine Repräsentanz. Ist es nicht auch ihre Heimat, zumindest eine Wahlheimat?

Ist es wirklich zu viel verlangt, die neuen ÖsterreicherInnen direkt anzusprechen als einen wesentlichen wirtschaftlichen und kulturellen Beitrag leistenden und nicht wegzudenkenden Teil der Gesellschaft? Vielleicht hätten dann noch mehr Menschen die Sticker-Kampagnen-Frage "Kennst mi?" mit "Eh kloar" beantworten können.

Aber zurück zum Thema: Neo-ÖsterreicherInnen direkt ansprechen. Billas Ziel ist, "mit dem 'Österreich-Fokus' die Österreicherinnen und Österreicher einzuladen, ihre Heimat noch ein Stück näher zu entdecken und kennen zu lernen".

Ein Schluck Heimat

Eine Reihe von Unternehmen schafft diesen "gewagten" Sprung, trotz Risikos. Die Firma NÖM zum Beispiel zeigte sich mit dem Versuch, mit ihrer "Süt"-Kampagne die türkischsprachige Bevölkerung anzusprechen, innovativ und couragiert zugleich. Die ängstlichen Reaktionen im "Wo kommen wir denn da hin?"-Stil führten schließlich dazu, dass der Konzern zurückruderte. Die Folge: Plakate mit "Trink einen Schluck Heimat". Puh, alles wieder im Lot.

"Heimat großer Häferl"

An der Vermittlung des "nützlichen Wissens", das Billa mit dem Rot-Weiß-Rot-Album an die KonsumentInnen weitergeben wollte, ist man ordentlich vorbeigeschrammt. Die Folge war – inzwischen ist die Stickerpromotion "Österreich" ausgelaufen – eine peinliche und oberflächliche Inszenierung, die mit der tatsächlichen Vielfalt von Land und Leuten konterkariert.

Teil der Kampagne waren übrigens auch Rot-Weiß-Rot-Häferl, die noch vereinzelt zu finden sind. Wenn Sie beim nächsten Einkauf eines sehen, würde ich mir wünschen, Sie sind kein Häferl und gehen weiter. (Eva Zelechowski, daStandard.at, 25.5.2012)