"Hat Graf nichts mehr, oder will er mir nichts geben?", fragt Stifterin Gertrud Meschar

Foto: derStandard.at/mas

Meschar fordert Martin Graf zum Rücktritt als Stiftungsvorstand auf

Foto:

"Ich habe immer geglaubt, die FPÖ wäre anständiger als die anderen", sagt Gertrud Meschar. "Heute glaube ich gar nichts mehr." Die 90-jährige Frau, die dem Dritten Nationalratspräsidenten und FPÖ-Mandatar Martin Graf ihr Geld und zwei Liegenschaften anvertraut hatte, bekräftigte bei einem Pressegespräch am Mittwoch ihre Vorwürfe gegenüber Graf.

Die Initiative, eine Stiftung zu gründen, sei zwar von ihr selbst ausgegangen, Graf habe ihr dabei geholfen, so Meschar. Dass sie aber jede Kontrolle über ihr Vermögen an Martin Graf und die beiden anderen Vorstände abgab, sei ihr nicht bewusst gewesen: "Graf hat mich überrumpelt", so Meschar. Die Stiftungsurkunde habe sie "nie gelesen", der Vertragstext sei ihr lediglich beim Notartermin mündlich übermittelt worden. Meschar: "Wenn man mir ein Märchen vorliest, dann merke ich mir das besser. Aber bei so einem Text ist das anders."

Geld erst nach Aufforderung

Möglichst lange zu Hause wohnen zu können, nicht ins Pflegeheim übersiedeln zu müssen, nach dem Ableben das Vermögen richtig aufgeteilt zu wissen und dennoch vor dem Tod gut versorgt zu sein - das war für Meschar der Sinn der Stiftungsgründung. Doch schon bald nach Unterzeichnung der Stiftungsurkunde hätten die ersten Probleme begonnen: Graf habe ihr kein Geld für die laufenden Auslagen überwiesen. Erst als sie ihn darauf aufmerksam gemacht habe, dass ihre Pension von 1.250 Euro netto nicht ausreiche, um sämtliche Ausgaben zu begleichen, habe Graf begonnen, ihr halbjährlich 2.500 Euro zu überweisen, sagt Meschar.

"Racheaktion"

Im Zuge des Abberufungsverfahrens gegen Graf und die beiden anderen Vorstände stoppten die Zahlungen plötzlich: "Im Jahr 2012 habe ich nicht einen einzigen Cent bekommen", erzählt Meschar, "ich weiß auch nicht: Hat er nichts mehr? Oder will er mir nichts mehr geben?" Nicht nur die laufenden Zahlungen versage ihr der Vorstand, sondern auch den Zutritt zum Grundstück in Wien-Leopoldau, das Teil des Stiftungsvermögens ist. Das Tor zum Grundstück sei durch ein Schloss versperrt, am Zaun prangt ein "Zutritt verboten"-Schild. "Eine Racheaktion", wie Meschar vermutet.

Wegen einer fortgeschrittenen Osteoporose könne sie immer weniger Arbeiten selbst verrichten, sagt Meschar. "Ich brauche jemanden, der mir hilft", sagt die 90-Jährige, "und vielleicht schon bald eine 24-Stunden-Pflege." Ihre Pension reiche dafür nicht aus, und auch aus dem liquiden Vermögen der Stiftung scheinen diese regelmäßigen Ausgaben nicht zu finanzieren zu sein - es gibt nämlich keines. Die vorläufige Bilanz für 2010, die derStandard.at vorliegt, weist einen Bilanzverlust von 60.000 Euro und ein offenes Bankdarlehen von 159.000 Euro aus. Über einen offiziellen Jahresabschluss verfügt die Stifterin nicht, auch Angaben zur Bilanz 2011 liegen der pensionierten Buchhalterin nicht vor.

Kein Kontakt zu Graf

Zu Martin Graf habe sie seit zwei Jahren keinen Kontakt mehr, sagt Meschar. Der Ankauf des Hauses in der Billrothstraße habe sie nachhaltig verärgert: "Da haben die Zwistigkeiten begonnen." Auf Grafs Interview-Aussage, er werde einen Rücktritt erwägen, wenn Meschar ihn persönlich darum bitte, reagierte die Stifterin am Mittwoch: Das handschriftliche Schreiben liegt derStandard.at vor (siehe Bild links).

Indes erklärt Meschars Anwalt Alexander Hofmann die Vergleichsgespräche der Stifterin mit dem Stiftungsvorstand für "eindeutig gescheitert": Die Entscheidung über die Abberufung Grafs und der anderen Vorstände obliegt nun dem Gericht.

Gertrud Meschar würde heute alles anders machen: "Ich würde ein Testament aufsetzen, das man jederzeit ändern kann." Ob sie in Grafs Verhalten auch einen Grund zum Rücktritt von seinen politischen Ämtern sehe? "Nein", sagt Meschar, "das Politische ist mir wurscht. Ich will nur zu meinem Recht kommen." (Maria Sterkl, derStandard.at, 30.5.2012)