Dili - Bei den Parlamentswahlen in Osttimor (Timor-Leste) hat die Regierungspartei von Ministerpräsident José Alexandre "Xanana" Gusmao die absolute Mehrheit knapp verfehlt. Wie die Wahlkomission am Freitag bekanntgab, erreichte Gusmaos Nationalkongress für den Wiederaufbau Timors (CNRT) bei dem Urnengang am Samstag 30 der 65 Parlamentssitze. Die oppositionelle linke Fretilin-Partei kam demnach auf 25 Mandate. Gemeinsam mit der Demokratischen Partei (PD), die der bisherigen Regierung angehörte und auf acht Mandate kam, hätte sie eine Mehrheit.

Nach den Wahlen 2007 war es inmitten politischer Spannungen zu wochenlangen Koalitionsverhandlungen gekommen, die schließlich der frühere Unabhängigkeitskämpfer Gusmao für sich entschied, obwohl seine Partei drei Mandate weniger als die Fretilin hatte. Gusmao gelang es aber schließlich, sich eine Mehrheit zu sichern, indem er ein Bündnis mit drei kleineren Parteien schloss. Das Ergebnis der jüngsten Wahlen muss zunächst vom Obersten Gericht bestätigt werden, bevor es offiziell kundgemacht werden kann.

UN-Soldaten sollen abziehen

Im April waren Präsidentenwahlen abgehalten worden, die der Amtsinhaber, Friedensnobelpreisträger José Ramos-Horta, verlor. Gewählt wurde der frühere Guerillaführer und Armeechef Taur Matan Ruak. Wenn es auch nach der Parlamentswahl friedlich bleibt, sollen zum Jahresende die noch 1300 UNO-Soldaten abziehen, die seit 1999 die Stabilität Osttimors sichern.

Osttimor, mit etwa 15.000 Quadratkilometern kleiner als Niederösterreich, war von 1520 bis 1975 portugiesisch. Nach der "Nelken-Revolution" in Lissabon und dem Sturz des autoritären Regimes im April 1974 rieft die Befreiungsbewegung Fretilin (Frente Revolucionaria de Timor Leste Independiente) die Unabhängigkeit aus, kurz darauf marschierten indonesische Truppen ein. 1976 wurde der Inselteil von der Besatzungsmacht ohne völkerrechtliche Wirksamkeit zur "27. Provinz" Indonesiens erklärt. Für die Vereinten Nationen blieb Osttimor mit seiner überwiegend katholischen Bevölkerung de jure unter portugiesischer Verwaltung bis zur Verwirklichung der Unabhängigkeit. Nach dem Zusammenbruch der Suharto-Diktatur einigten sich Indonesien und Portugal unter UNO-Vermittlung auf ein Selbstbestimmungs-Referendum in Osttimor.

Am 30. August 1999 votierten nahezu 80 Prozent für die Unabhängigkeit. Die indonesische Besatzungsarmee und von ihr gesteuerte Milizen überzogen daraufhin die Inselhälfte mit einer Welle der Gewalt. Etwa 250.000 Menschen mussten fliehen, viele wurden von der Besatzungsmacht nach Westtimor vertrieben oder verschleppt. Eine multinationale Eingreiftruppe unter Führung Australiens setzte dem Morden ein Ende. Nach dem Abzug der indonesischen Besatzungstruppen und dem Ende der schweren Ausschreitungen pro-indonesischer Terrormilizen stand Osttimor bis 2002 unter UNO-Verwaltung. (APA, 13.7.2012)