Salzburg - Die meisten Asylanträge in Österreich kommen derzeit von Flüchtlingen aus Afghanistan. Laut Innenministerium wurde zuletzt aber nur rund ein Drittel der Anträge positiv erledigt. Wer einen negativen Asylbescheid erhält, kann aber momentan trotzdem nicht abgeschoben werden. Afghanen, die nicht freiwillig heimreisen wollen, können dann zwar in Österreich bleiben, befinden sich allerdings in einer Grauzone: Denn die betroffenen Flüchtlinge sind damit als "Illegale" im Land.

Betroffene dürfen nicht arbeiten

"Die afghanische Regierung stellt derzeit nur Heimreisezertifikate aus, wenn ein Ausgewiesener erklärt, freiwillig in seine Heimat zurückkehren", betonte Michael Genner, Obmann des Vereins "Asyl in Not". "Ein Afghane, der abgeschoben werden soll, das aber nicht möchte und der über keine gültigen Reisedokumente verfügt, kann in Österreich bleiben. Wenn ihn das Heimatland nicht nimmt, kann man ihn ja nicht in ein x-beliebiges Land abschieben." Die Betroffenen würden damit aber als "Illegale" gelten. "Sie dürfen hier weder arbeiten noch soziale Unterstützung beziehen. Das ist höchst unbefriedigend."

Im Innenministerium ist das Problem bekannt: "Tatsächlich gibt es aktuell keine Abschiebungen nach Afghanistan, wenn sich Flüchtlinge nicht zur freiwilligen Rückkehr entscheiden", bestätigte Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck. Wie lange das noch der Fall sein werde, lasse sich noch nicht abschätzen: "Derzeit laufen Gespräche mit dem afghanischen Innenministerium in Kabul."

3.609 Anträge 2011

Flüchtlinge aus Afghanistan stellen seit 2011 in Österreich die größte Gruppe der Asylwerber: 3.609 Menschen aus dem Land am Hindukusch haben im Vorjahr einen Asylantrag gestellt, mehr als doppelt so viel wie 2010 (1.582). Im ersten Halbjahr 2012 waren es bereits 1.907 Anträge. Laut Innenministerium wurden zuletzt 35 Prozent davon positiv erledigt.

Petition für Afghanen in Salzburg

Symptomatisch für das Problem ist derzeit ein Fall aus Salzburg. Ein 24-jähriger Afghane flüchtete 2008 vor den Taliban und reiste Anfang November 2009 in Österreich ein. Noch am selben Tag stellte er in Traiskirchen, Niederösterreich, einen Asylantrag. Dokumente hatte er keine bei sich, wo er die Grenze nach Österreich querte, wusste er nicht. Er berichtete den Behörden, als Berufssoldat in Kabul gearbeitet zu haben, als er in seinem Heimatdorf von den Taliban bedroht wurde. Er desertierte und floh aus dem Land. Ein Bruder und ein Verwandter sollen später bei Anschlägen der Taliban ermordet worden sein.

Der Asylgerichtshof schenkte der Version des Mannes in erster und zweiter Instanz aber nur wenig Glauben, auch ein Einspruch beim Verfassungsgerichtshof blieb erfolglos. "Die Begründung des Asylgerichts klingt zynisch", betonte Johannes Witek, Obmann des Salzburger Integrationsvereins "synbiose", der den 24-Jährigen betreut. "Die Asylrichter argumentieren, er müsse ja nicht in sein Heimatdorf zurückkehren, er könne auch in der Hauptstadt Kabul bleiben, wo die Lage sicher ist".

Witek will weiter um eine Niederlassungsbewilligung des Mannes kämpfen. "Uns bleibt jetzt nur der Gang in die Öffentlichkeit." Seit vergangenen Samstag läuft eine Online-Petition für den Flüchtling. "Wir wollen die Menschen auf den Fall aufmerksam machen und zum Unterschreiben bewegen. Er ist in Salzburg bestens integriert und holt gerade seinen Hauptschulabschluss nach." (APA, 23.7.2012)