Die Idee liegt auf der Hand: Wenn man den Erregern des Denguefiebers (noch) nicht mit antiviralen Medikamenten oder einem Impfstoff beikommen kann, dann muss eben deren Übertragung verhindert werden. Doch das ist einfacher gesagt als getan. Die virenverbreitenden Aedes-Moskitos, im Fachjargon: Vektoren, sind äußerst anpassungsfähig und vermehren sich rasant. Klassische Bekämpfungsmethoden wie Gifteinsätze zeigen zu wenig Wirkung. Was tun? Auf der Suche nach neuen Methoden setzen manche Experten auf Gentechnik. Sie haben im Labor gezielt genetisch defekte Mücken geschaffen. Die männlichen Exemplare dieser Mutanten können zwar in freier Wildbahn überleben, aber keine fruchtbaren Nachkommen zeugen. Die Befruchtung "wilder" Weibchen gelingt ihnen allerdings problemlos. Und die natürlichen Artgenossen kommen dann nicht mehr zum Zug. Das erhoffte Ergebnis ist ein radikaler Einbruch der anvisierten Aedes-Population, mangels erfolgreicher Fortpflanzung. So weit die Idee.

Freilandversuch

Der erste Freilandversuch 2009 auf den Cayman-Inseln ist vielversprechend verlaufen. Davon angespornt, haben Wissenschafter im vergangenen Jahr in der brasilianischen Stadt Juazeiro zehn Millionen genmanipulierte männliche Ae. aegypti freigesetzt. Laut Aussage der Projektleitung trugen schon bald darauf 85 Prozent der untersuchten Mückeneier den genetischen Defekt in sich. Ob anschließend auch tatsächlich die Anzahl der Dengueinfektionen in Juazeiro sinkt, muss allerdings noch bewiesen werden. Gentechnikgegner befürchten indes, dass sich die manipulierten Gene womöglich doch in wilden Moskito-Populationen ausbreiten könnten.

Vielversprechende Bakterien

Ein weitaus weniger umstrittener Ansatz zur Dengue-Bekämpfung nutzt eine symbiotische Bakterienspezies namens Wolbachia pipientis. Diese Mikroben leben in den Zellen zahlreicher Insektenspezies, und sie verfügen offenbar über außergewöhnliche Fähigkeiten. Befallene Mücken, Fliegen oder andere Sechsbeiner werden deutlich weniger von Viren und Parasiten besiedelt. "Wolbachia zielt darauf, die Fitness seines Wirts zu erhöhen", erklärt der Evolutionsbiologe Michael Turelli von der University of California at Davis. Der Symbiont steigert die Immunität des von ihm bewohnten Organismus. Aedes-Moskitos gehören allerdings nicht zu den natürlichen Wirten von W. pipientis. Turelli und seine Kollegen hatten zunächst den Plan, die Dengue-Überträger künstlich mit den Bakterien zu infizieren, um dadurch die Lebensdauer der Mücken zu verkürzen. Wenn die Plagegeister schnell sterben, so der Gedanke der Forscher, sinkt das Infektionsrisiko. Zu ihrer Verblüffung stellten sie aber fest, dass die Bakterien die Virenvermehrung in den Moskitos bremsen oder fast komplett blockieren.

Nun will man ganze Aedes-Populationen mit Wolbachia durchseuchen und den Dengueerregern so die Verbreitungsgrundlage entziehen. Erste Versuche in Australien haben es gezeigt. Die künstliche Infektion wildlebender Mücken gelingt, die Bakterien werden von Generation zu Generation weitergegeben. "Es ist vielversprechend", meint Michael Turelli. (deswa, DER STANDARD, 30.7.2012)