Bild nicht mehr verfügbar.

Steile Politkarriere: Pia Kjærsgaard feiert das Wahlergebnis 1998.

Foto: APA/Bent K. Rasmussen

Bild nicht mehr verfügbar.

Nach über 30 Jahren in der Politik tritt Kjærsgaard als Vorsitzende der rechtspopulistischen Volkspartei zurück.

Foto: APA/Claus Fisker

Sie galt als die erfolgreichste Rechtspopulistin Europas und prägte mit ihrer harten Ausländerpolitik die Gesellschaft und das Bild Dänemarks auf durchschlagende Weise – und das, ohne jemals Regierungspartei gewesen zu sein. Nach 17 Jahren gab Pia Kjærsgaard am Mittwoch bekannt, als Vorsitzende der Dänischen Volkspartei (DVP) zurücktreten zu wollen.

Die 65-jährige Rechtspopulistin gilt als entscheidende Kraft hinter Dänemarks scharfer Ausländerpolitik, und das, obwohl sie stets nur Mehrheitsbeschafferin, nie aber mit ihrer Partei in einer Regierung war. Zwischen 2001 und 2009 unterstützte diente Kjærsgaard den damaligen rechtsliberalen Regierungschef und jetzigen NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen und von 2009 bis 2011 für dessen Nachfolger Lars Lökke Rasmussen.

Und sie wusste ihre Rolle geschickt auszunützen: Im Gegenzug für ihre Unterstützung setzte Kjærsgaard drastische Verschärfungen der Zuwanderungsregeln durch. Politexperten bezeichnen sie als die machtvollste Politikerin hinter den Kulissen Dänemarks. Unter ihrer Führung wurde die DVP drittstärkste Kraft im Land. Bei den letzten Parlamentswahlen 2011 kam sie auf 12,3 Prozent der Stimmen.

"Nur Idioten fürchten den Islam nicht"

Kjærsgaards scharfe, anti-islamische Rhetorik war weit über die Grenzen des skandinavischen Landes bekannt. 2003 entschied das Oberste Gericht, dass die Standpunkte der Politikerin als "rassistisch" einzustufen seien. Als Feindbild dienten der DVP zuletzt vor allem Muslime. Immer wieder warnte Kjærsgaard das Land vor der "Islamisierungsgefahr".

Doch nicht nur die Parteichefin, auch ihre Mitstreiter waren und sind für ihre verbalen Attacken bekannt. So meinte der DVP-Sprecher Sören Espersen im vergangenen Wahlkampf, dass die Vergabe der dänischen Staatsbürgerschaft vom "Blutsprinzip" abhängig gemacht werden sollte. Mindestens ein Elternteil sollte "echter Däne" sein. Kjærsgaard selbst attestierte muslimischen Zuwanderern schlechthin eine "niedrige Zivilisationsstufe" und meinte: "Nur Idioten fürchten den Islam nicht."

Arabisches Fernsehen schürt Hass

Mit ihren ausländerfeindlichen Parolen und ihrem Gespür dafür, was der "Durchschnittsdäne" will, bestritt Kjærsgaard eine steile politische Karriere. Doch die 1947 geborene Tochter eines Farbenhändlers zog es nicht gleich in die Politik. Zunächst absolvierte Kjærsgaard die Handelsschule in Kopenhagen, arbeitete als Altenpflegerin und anschließend bei einer Versicherung.

Ihre politische Karriere im damals sozialdemokratisch dominierten Dänemark startete Kjærsgaard schließlich Ende der 70er Jahre in der populistischen Fortschrittspartei, deren Mitglieder als "Steuerrebellen" belächelt wurden, weil sie für Abschaffung der Einkommenssteuer eintraten. 1984 erhielt Kjærsgaard für die Partei ihren ersten Parlamentssitz erhielt. Nach Auseinandersetzungen mit dem Parteichef Mogens Glitrup trat Kjærsgaard aus und gründete 1995 die Dänische Volkspartei. Geschickt nutzte sie die traditionelle EU-Skepsis der Dänen ebenso wie das starke Vertrauen der Menschen in den sozialdemokratisch geprägten Wohlfahrtsstaat.

Die DVP galt als eine der ersten mit einer aggressiven Anti-Einwanderungspolitik erfolgreichen Parteien in Europa. So setzte sie 2011 erstmals seit dem Schengener Abkommen von 1985 wieder Grenzkontrollen durch. Arabische TV-Sender wollte Kjærsgaard in dem skandinavischen Land verbieten, da sie muslimische Einwanderer in Richtung Hass gegen den Westen beeinflussen würden. Auch das Verbot für den Nachzug von Partnern von Migranten (aus Ländern außerhalb der EU), die jünger als 24 Jahre sind, setzte Kjærsgaard durch.

Aus Liebe zum Heimatland

Kjærsgaard konnte mit ihrer harten Linie in der Ausländerpolitik die öffentliche Debatte in Dänemark jahrelang beherrschte. Und auch führende Medien stiegen darauf ein: Das zeigte unter anderem die umstrittene Veröffentlichung von zwölf Mohammed-Karikaturen 2005 in "Jyllands-Posten". Andere Parteien begannen, Kjærsgaard nachzumachen – ihre harte Linie wurde von Sozialdemokraten bis zu den Konservativen immer weiter übernommen.

Erst die bürgerliche Wahlniederlage 2011 und der Antritt der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt nahmen Kjærsgaard ihren politischen Einfluss. Nach mehr als 30 Jahren in der Politik will Kjærsgaard im September nun abtreten. Als ihren Nachfolger empfahl Kjærsgaard ihre rechte Hand, den 43-jährigen DVP-Fraktionschef Kristian Thulesen Dahl. Ganz in den Ruhestand will die Politikerin aber nicht gehen, sie bleibe "wertepolitische Sprecherin" der Partei. Denn: "Die Liebe zu meinem Heimatland treibt mich an." (sdy, derStandard, 8.8.2012)