Tiflis - Vor der Parlamentswahl in der Südkaukasusrepublik Georgien spitzt sich der Machtkampf der Lager um Präsident Michail Saakaschwili und Oppositionsführer Bidsina Iwanischwili zu. In dem vor einer Woche mit Videos enthüllten Folterskandal in georgischen Gefängnissen meldeten sich neue mutmaßliche Opfer zu Wort.

Mehrere Häftlinge des Ksansker Straflagers rund 40 Kilometer von der Hauptstadt Tiflis entfernt behaupteten, sie seien ebenfalls von Wärtern geschlagen und gefoltert worden, berichteten Medien am Montag. Staatschef Saakaschwili sprach vor der Wahl am 1. Oktober von einem Komplott gegen sein Land.

"Besenrevolution"

Die regierungskritische Wochenzeitschrift "Liberali" veröffentlichte auf ihrer Titelseite ein Bild von Demonstranten, die Reisigbesen gegen den "Terror in den Gefängnissen" verbrennen. Die Besen stehen symbolhaft für Gewalt, weil damit Häftlinge geprügelt und mit den Stielen vergewaltigt worden seien. In der Republik am Schwarzen Meer macht deshalb seit Tagen das Wort von einer "Besenrevolution" die Runde, die Saakaschwili aus dem Amt fegen soll. Die Proteste dauerten an.

Saakaschwili, der 2003 bei der friedlichen Rosenrevolution den Präsidenten Eduard Schewardnadse aus dem Amt drängte, warnte die Wähler, dass Russland das Land mit Provokationen und Skandalen von seinem Kurs in die EU und NATO abbringen wolle. Dagegen forderte der Milliardär Iwanischwili, der ebenfalls für eine prowestliche Politik steht, die Georgier auf, bei der Abstimmung am kommenden Montag das von Saakaschwili geschaffene autoritäre Machtmonopol in der Ex-Sowjetrepublik zu brechen.

Bestechung eines Polizisten

Beide Seiten werfen sich kriminelle Methoden vor. Das Innenministerium in Tiflis teilte mit, drei Aktivisten der Bewegung Georgischer Traum von Iwanischwili seien wegen des Verdachts der Bestechung eines Polizisten festgenommen worden. Die Oppositionspartei wies die dazu veröffentlichten Videos als gefälscht zurück. Außerdem beklagte das Iwanischwili-Lager, dass Oppositionsaktivisten geschlagen und zu mehrtägigen Arreststrafen verurteilt worden seien, um sie vor der Wahl politisch kaltzustellen.

Die EU, USA und Russland haben die georgische Führung aufgefordert, den Folterskandal restlos aufzuklären. Zwei Minister traten deshalb bereits zurück. Es gab elf Festnahmen. Außerdem forderte die internationale Gemeinschaft Georgien auf, eine demokratische Wahl zu gewährleisten. (APA, 24.9.2012)