METZ aus Kanada. Giftige Gitarren, grimmiges Haudrauf, gute schlechte Laune.

Foto: Sub Pop

Irgendwann Mitte der Nullerjahre hieß es, es sei jetzt bald so weit. Es komme sicher demnächst, und irgendwie wirkte das schlüssig, aber es wurde doch nichts draus. Ein Noiserock-Revival erreichte uns bis heute nicht. Zwar gab es ein paar Bands, die sich ein wenig an der Form gerieben haben, aber die Ergebnisse waren meist lächerlich. Noiserock ist ein eher unpräziser Begriff für die Musik einiger garstiger Bands aus den 1980ern, die meist im US-Underground ohne Hoffnung auf größere Karrieren Frust abbauten, indem sie sich mit krachenden Gitarren und misshandeltem Schlagzeug Luft machten. Dieses Milieu bildete den Boden, aus dem wenige Jahre später mit ein paar gezogenen Zähnen Grunge wuchs und die Welt eroberte.

Noiserock war trotz seiner tendenziell negativen Weltsicht eine heitere Disziplin. Man denke nur an die aus Madison im US-Bundesstaat Wisconsin stammenden Killdozer, die mit verlangsamtem Meuchelrock dem Sozialismus das Wort führten und sich als Vertreter des "Sped-Rock" ausgaben: " Special education, slow learners, we relate to them", wie es Killdozer-Chef Michael Gerald grinsend formulierte. Das heißt, man muss seine Anliegen für die Hohlköpfe da draußen langsam formulieren, auf dass sie es kapieren.

Als Kollateralsegen dieser Boshaftigkeit fiel herrlich grimmige Musik ab, die sich durch Country ebenso fräste wie durch Southern Rock. Kurz, wenn man den Begriff Noiserock bemüht, sollte man an Bands wie Killdozer, Scratch Acid und vergleichbare Kaliber denken. Mit ihnen gilt es zumindest gleichzuziehen, Lautstärke allein reicht da nicht.

Natürlich kranken die meisten diesbezüglichen Anläufe an der Ungnade der späten Geburt. Alles hat's schon einmal gegeben - Pech, Pech - aber nun ist es wieder einmal so weit: Der kanadischen Formation METZ eilt die Zuschreibung Noiserock voraus. Beim virtuellen Orakel der hippen Weltmusikjugend, Pitchfork Media, firmiert ihr eben erschienenes Debüt unter "Best New Music", was bei einer bald 30 Jahre alten Form der Heiterkeit unfreiwillig zuarbeitet, aber egal. Der hoppertatschigen Nomenklatur zum Trotze kann man bereits nach dem ersten ohrenputzenden Durchgang sagen: Ja, heiliger Bimbam, METZ spielen Noiserock.

Er klingt einerseits nach alter Schule, muss ja, andererseits explodiert er in jugendlicher Frische, die man zuletzt bei den angegrauten älteren Herren von The Jesus Lizard erlebt hat. Alex Edkins, Hayden Menzies und Chris Slorach kanalisierten all ihre Energie in zehn akustische Watschen mit konvenierenden Titeln wie Headache, Rats, Wasted oder Negative Space, aufgenommen in der Isolation eines Stalles in der Pampa. Des Sängers Idiom rangiert zwischen jenen von Johnny Lydon und David Yow, besitzt also das Potenzial zu nerven, und auch darum geht's. Noiserock ist keine gefallsüchtige Kunst, sondern sucht seinen Weg zum Gesicht mit dem Arsch zu gehen. Eine knappe halbe Stunde brauchen METZ dazu. Die Gitarren klingen wie Drillbohrer, nach schlechter Laune in guter Gegend.

Auch wenn jede Revivalmusik immer Schablonen strapaziert, jene von METZ wehrt sich mit allen Mitteln dagegen und kriegt so die Kurve. Hässlich kann so schön sein. (Karl Fluch, Rondo, DER STANDARD, 19.10.2012)