Der dänische Musiker Esben Andersen alias Rangleklods spielt falben Elektro-Pop.

Foto: Rangleklods

Meine Güte, ist das alles sophisticated und gut abgehangen. Wenn jetzt noch die Frisur hält und am Hemd keine Schweißflecken aufpoppen, ist der Abend gerettet. Der junge dänische Produzent Esben Andersen produziert elektronische Popmusik. Dabei stehen zwischen gemütlichen Beats und holprigen Disco-Bassläufen tief im Hallraum angesiedelte, im Studio im Alleingang produzierte Stücke im Vordergrund. Denen ist ihre historische Belesenheit bezüglich der Popgeschichte während der letzten 40 Jahren in jeder Nuance anzumerken.

Andersen beschäftigt sich nach einem Masterstudium in elektronischer Musik an der heimatlichen Universität im dänischen Aarhus nun in Berlin mit der Verschränkung von Einflüssen aus Minimal Techno, House, klassischem Pop der frühen 1980er-Jahre und in Spurenelementen wohl auch pflichtschuldig mit den Dekonstruktionstechniken des Dubstep. Allerdings legt er als Rangleklods im Zweifel den Schwerpunkt nicht auf sperrige Kargheit der Arrangements – wie dies etwa der britische Kollege James Blake unternimmt. Er füllt seine Tracks lieber mit einer Extraportion barocker Füllsel und jeder Menge Gesang.

Die menschliche Stimme steht also im Mittelpunkt der Rangleklods'schen Kunst. Rangleklods beschreibt übrigens im Dänischen nicht etwa eine sich um den Vortritt streitende Menschentraube vorbei am Türsteher hinein in irgendeinen Club. Rangleklods bedeutet exakt gar nichts. Ein Wortspiel, das nicht einmal fonetisch mit der Musik zu tun hat.

Mit getragener Grabesstimme, die die Musikpresse zu Vergleichen mit Ian Curtis von Joy Division oder gar mit Jim Morrison von den Doors bewegte, sonort sich Esben Andersen durch die zehn, in Dänemark bereits im Frühjahr veröffentlichten Stücke seines passabel verkauften und hymnisch besprochenen Debütalbums Beekeeper. Dieses wird international von jeweils lokalen, kleinen Vertrieben in den Handel gebracht, um den Markterfordernissen der großen Unterhaltungskonzerne und damit möglicherweise verbundenen endlosen Ochsentouren durch windige Clubs für wenig Geld zu entgehen.

Der Vergleich mit Curtis und Morrison macht beim Hören keineswegs sicher. Eher noch trifft zu, dass der im Zusammenhang mit Rangleklods auch gern erwähnte Chris Martin mit seinen Breitwandformat-Pathetikern Coldplay mehr als einmal Pate gestanden hat. Rangleklods reiht sich damit in jene Reihe fröhlich heimwerkender Pathetiker an der Schnittstelle von Dancefloor und Songwriting, die zwar harmonisch äußerst einfach zu Werke gehen. Die Dynamik des Dancefloors hat häufige Akkordwechsel nicht allzu gern. Allerdings kann man ja mit dem ständigen Wechsel von D- zu A-Dur auch eine Menge Wind machen.

Der Song Cough, der sich auf jeder Cold-Wave- und Depeche-Mode-Gedächtnisparty gut machen würde, ist dabei sicher ein Höhepunkt des Beekeeper-Albums. Mit abgedämpfter und natürlich verhallter E-Gitarre, flächigen Kirchenorgel-Samples, jubilierenden Chören und kalten New-Wave-Synthies, die dann tatsächlich ein wenig an die Trauermärsche Joy Divisions auf ihrem Jahrhundertalbums Closer erinnern, gelingt Rangleklods jene Intensität, die gleich darauf im House-Track Riverbed mit Ennio-Morricone-Gesäge wieder relativiert wird. Allerdings geschieht das sehr einnehmend.

In einem schwachen Jahr voll weiterer Popmusik, die man so schon einmal oder zweimal gehört hat, gelingt Rangleklods mit Beekeeper eine durchwegs angenehm hörbare, allerdings auch zart langweilige Arbeit, die ab und zu auch noch an jemand anderen Großen der 1980er-Jahre erinnert. Dieter Bohlen mit Hirn und ein paar zusätzlichen Echoeffekten sowie einem Mann am Gesangsmikro hätte teilweise ähnlich geklungen. (Christian Schachinger, Rondo, DER STANDARD, 25./26.10.2012)