James Last veröffentlicht jetzt sein 1969 produziertes "America Album" mit Stücken von Bob Dylan oder den Byrds. Kommenden April gastiert der Meister des "Happy Sound" mit seinem Orchester in der Wiener Stadthalle.

Foto: Robert Freiberger

 Eine Begegnung mit Mister "Happy Sound".

Wien - James Last ist ein höflicher Mann. Im aprikosenfarbenen Hemd und den Hosenbund auf Floridahöhe stellt er vor dem Interview seine ihn begleitende Frau und seine langjährige Tourmanagerin vor. Er sagt: " Schreiben Sie, James Last hat zwei Frauen." Alle lächeln. Auch ohne seinen weltberühmten "Happy Sound" sorgt James Last für gute Laune.

Anlass für das Treffen mit dem Superstar des Easy Listening ist die Veröffentlichung von The America Album. Mit dem Begriff Easy Listening kann er übrigens nichts anfangen: "Ich hab den nicht erfunden, ich bin bloß Musiker." Das America Album wurde 1969 eingespielt, aber erst jetzt veröffentlicht. Darauf befinden sich neben Eigenkompositionen des heute 83-Jährigen Lieder von Jerry Leiber und Mike Stoller, Bob Dylan oder den Byrds. Die Plattenfirma nennt es sein "Lost Album" und vergleicht es mit Smile von den Beach Boys. Na ja.

Mit der Gegenkultur und ihrem rebellischen Gestus bringt man den als Hans Last 1929 in Bremen geborenen Musiker eigentlich nicht in Verbindung. Das wundert ihn kurz - "Warum nicht?" -, aber sofort herrscht wieder Gelassenheit. "Als rebellisch habe ich das nie betrachtet. Mir haben diese Titel gefallen, also habe ich sie gespielt. Was da dranhängt, das spielt für mich keine Rolle. Ich schreibe Musik und freue mich, wenn die gut klingt und dem Publikum gefällt. Da ist keine Rebellion drin."

Auch sei Amerika für ihn nie ein Sehnsuchtsort gewesen. Sein Zweitwohnsitz in Florida ergab sich schicksalhaft und zufällig. "Meine erste Frau hatte einen schweren Autounfall, und da wir früher Sylt-Anhänger waren, hat sie gesagt, jetzt können wir dort nie mehr an den Strand gehen. Da haben wir uns ein Boot gekauft. Das konnten wir in Florida übernehmen, und als wir dann dort die Häuser gesehen haben, haben wir uns eins gekauft."

Angesprochen auf die wilden 1960er-Jahre und ihre Befreiungskultur antwortet Last nur, es sei damals schwierig gewesen, in den US-Markt zu kommen, wegen der Gewerkschaften und der finanziellen Belastungen, die ein großes Orchester bedeutet.

The Last Wirtschaftswunder

James Last war so etwas wie ein One-Man-Wirtschaftswunder im Nachkriegsdeutschland. Mit seinem Orchester schuf er die Trademark des " Happy Sound" und der "Nonstop Dancing Music". Stromlinienförmige Gute-Laune-Musik, deren einzige Kante die Bügelfalte in der Hose des Chefs war. Last verkaufte so Abermillionen Alben, wie viele er produziert oder verkauft hat, weiß er nicht, es ist ihm egal. "Man hat vor 15 Jahren aufgehört zu zählen."

Dass seine Musik immer noch wirkt, belegt die anhaltende Postflut seiner Fans, die sich für seine Musik bedanken. Was war umgekehrt das Schlimmste, das je über seine Kunst gesagt wurde: "Ich würde Musik für Zahnlose machen, hat der Jazzer Michael Naura mal gesagt. Da habe ich gemeint - und? -, dürfen Zahnlose keine Musik hören?"

Obwohl Last wegen seiner vermeintlich seichten Musik für viele lange als Persona non grata galt, relativierte sich diese Wahrnehmung in den vergangenen 20 Jahren zusehends. Sogar Regisseur Quentin Tarantino wählte eines seiner Stücke für den Film Kill Bill Volume One aus. " Toller Film, hat mich gefreut."

"Der Hip-Hop kam zu mir"

Über Quentin Tarantino kam es zur Zusammenarbeit mit dem New Yorker Hip-Hopper RZA vom Wu-Tang-Clan, der auf dem 2004 erschienenen Last-Album They Call Me Hansi zu hören ist. Wie kam er zum Hip-Hop? "Der Hip-Hop kam zu mir. Zuerst waren das nur drei, und die hatten einen Stapel meiner Platten dabei und erzählten mir, was sie da alles runtergesampelt hatten. Sie wollten mit mir arbeiten. Okay. Also kamen sie zu mir nach Florida. Da waren es plötzlich zwölf; Kamerateam, Presse, alles inklusive. Sehr interessant. Die wussten genau, was sie wollten."

Das Angeberische des Hip-Hop übersieht er großzügig. "Goldketten habe ich auch, aber ich trage sie nicht. Das braucht man nicht. Früher war ich richtig gebeugt von den Ketten."

Zu anderen Gästen in seinem Studio zählte Celine Dion - "eine Stimme wie eine Trompete, tolle Arbeiterin" -, zusammengearbeitet hat er in seiner sechs Jahrzehnte umfassenden Karriere mit Gott und der Welt. So kam ein umfangreichen Gesamtwerk zustande. War James Last da je etwas peinlich? Last überlegt lange und sagt schließlich "Nein." Auch nicht das Album Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei? Er lächelt. "Ja, das ist schon peinlich. Aber der Titel kam nicht von mir. Die meisten Alben, die erfolgreichsten, fanden vor der Wurst statt."    (Karl Fluch, DER STANDARD, 10./11.11.2012)