Freetown - Die Wähler im ehemaligen Bürgerkriegsland Sierra Leone haben über einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament entschieden. Nach der Wahl am Samstag befand sich das westafrikanische Land in gespannter Erwartung der Ergebnisse, die jedoch zunächst nur für einzelne Wahllokale per Aushang veröffentlicht wurden, während das endgültige Resultat für das kommende Wochenende erwartet wird. Zwischenfälle gab es nicht.

Die rund 2,6 Millionen Wahlberechtigten in dem westafrikanischen Land waren auch aufgerufen, ihre Regional- und Kommunalversammlungen neu zu bestimmen. Vor vielen Wahllokalen bildeten sich bereits in der Nacht zum Samstag Stunden vor ihrer Öffnung lange Menschenschlangen. Der Wahltag selbst verlief nach Behördenangaben ruhig.

Die aussichtsreichsten Kandidaten für das Präsidentenamt sind Amtsinhaber Ernest Koroma, der seit dem Jahr 2007 regiert und eine zweite und letzte Amtszeit anstrebt, sowie der frühere General Julius Maada Bio. Eine Stichwahl wird nicht ausgeschlossen.

Test für Sierra Leone

Die Wahlen gelten als Test für die demokratische Konsolidierung Sierra Leones, wo in den Jahren 1991 bis 2002 ein Bürgerkrieg wütete. Es war das erste Mal seit dem Konflikt, dass das Land Wahlen ohne die UNO organisierte. Die Auszählung der Stimmen wurde in der Nacht zum Sonntag in den Wahllokalen unter anderem von Polizisten, Soldaten und Parteienvertretern beobachtet.

Einzelne Ergebnisse aus den Wahlbezirken wurden vor den Wahlbüros ausgehängt, wo zahlreiche Menschen zusammenliefen und die Resultate kommentierten. Andere saßen in kleinen Gruppen vor Radios und informierten sich so über einzelne Ergebnisse. Der endgültige Ausgang der Abstimmungen soll am kommenden Samstag offiziell verkündet werden.

Auch im Viertel Wilberforce der Hauptstadt Freetown saßen am Sonntag etwa 30 Männer um ein Radio versammelt, unter ihnen ein 37-jähriger Lehrer. Er sagte, die Gruppe stehe hinter Koroma, werde aber auch einen Sieg Bios akzeptieren. "Das Schlimmste wäre eine Stichwahl", ergänzte der Mann. In diesen Fall fürchten viele Menschen in Sierra Leone, dass sich die Stimmung doch aufheizen könnte.

Sierra Leone ist einer der ärmsten Staaten der Welt. Das Land verfügt aber über reiche Rohstoffvorkommen, von deren Erschließung sich die Menschen Wohlstand erhoffen. Zehn Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs wünschen sich die Einwohner vor allem Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt sowie im Bildungs- und Gesundheitssektor. (APA, 18.11.2012)