Gewaltiger, metallischer Gitarrensound: Mission of Burma vor eingestürzten Altbauten.

Foto: Mission of Burma

Wien - Als in den Nullerjahren die dieses Jahrzehnt dominierende Revivalkultur den Postpunk der 1980er-Jahre nach Ideen durchkämmte und plünderte, tauchte auch eine Originalband aus jener Zeit unverhofft wieder auf: Mission of Burma.

Die Band aus Boston hatte in ihrer nur fünfjährigen Geschichte kein all zu großes Werk hinterlassen. Nach wenigen Singles erschien die EP Signales, Calls, And Marches, 1982 das Album VS sowie als Abgesang die zweckpessimistisch betitelte Liveplatte The Horrible Truth of Mission of Burma.

Dieser schmale Katalog reichte, um der Band um Roger Miller in einschlägigen Kreisen eine kultische Aura zu verleihen. Von Nirvana über R.E.M. bis zu dem an ihrer Reunion 2004 nicht unschuldigen Steve Albini reicht der Fanclub. Mission of Burma kreierten ihren eigenen Sound. Zwar ließ sich die schneidende Gitarre an The Velvet Underground festmachen, doch was diese falschen Burmesen auszeichnete, war ihr sturer Rhythmus, der durch den Einsatz von Tape Loops multipliziert wurde.

Tritt in den Verstärker

Man kann sich das heute kaum mehr vorstellen, aber damals klebte Martin Swope aus Tonbändern Loops, die den hypnotischen Sound der Band prägten. Zwei kleine Hits fielen dabei ab: Das unter anderem von Moby gecoverte That's When I Reach For My Revolver und Trem Two. Vor zehn Jahren begann nach 20-jähriger Nichtexistenz die zweite Karriere der Band. 2002 gab sie dem Insistieren von Steve Albini nach, der Mission of Burma für einen Auftritt bei dem von ihm in diesem Jahr kuratierten Melt-Down-Festival präsentieren wollte. Nun, Steve Albini, weltberühmter Produzent von Bands wie Nirvana, Pixies und und und, schlägt man so leicht nichts aus.

2004 erschien dann das von Bob Weston produzierte Album On Off On. Bob Weston, neben Albini ein Mitglied der Band Shellac, übernahm auch den Part von Martin Swope und schuf mit der Band ein mächtiges Comeback-Album. Seit damals sind vier weitere entstanden, nun kommen Mission of Burma zum ersten Mal nach Österreich, sie spielen heute, Dienstag, in der Wiener Arena. Anlass der laufenden Tour ist das Album Unsound.

Auch darauf manifestiert sich ihr gewaltiger, metallischer Gitarrensound, der immer noch nach dem heiteren Nihilismus der früheren 1980er-Jahre klingt und nichts Zeitgeistig-Anbiederndes in sich trägt. Man kann das Punk nennen. Oder Haltung. Live galt die Band schon wegen der wenig verlässlichen Technik der geklebten Loops als abenteuerlich und unberechenbar.

Diesen Ruf pflegt sie heute noch. Schließlich gilt Weston wie Albini als Verfechter analoger Klänge, der aktuelle Albumtitel Unsound darf ruhig manifest gelesen werden. Darum klingt ein Song wie This Is Hi-Fi denn auch wie ein Tritt in den Verstärker audiophiler Gehörschutzträger. Trotz allen Trotzes gegen Konventionen gelingen der Band immer wieder eingängige Stücke. Bevor wieder 30 Jahre vergehen, sollte man also heute Zeuge werden. (Karl Fluch, DER STANDARD, 11.12.2012)

Hören Sie hier das neue Album "Unsound" im Spotify-Stream: