Bild nicht mehr verfügbar.

Bis zuletzt beteuerte Gottfried Küssel in seinem Prozess, nichts mit der neonazistischen Website zu tun zu haben.

Foto: apa/Fohringer

Wien - "Noch sind wir verborgen, aber morgen, aber morgen ...", lautet die Drohung im "Jubiläumsvideo" der neonazistischen Homepage Alpen-Donau.info, das das Geschworenengericht unter Vorsitz von Martina Krainz am letzten Tag des Wiederbetätigungsprozesses gegen Gottfried Küssel, Felix B. und Wilhelm A. sieht.

Aus Sicht von Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter sind die Verantwortlichen für die Seite nicht mehr verborgen. Sondern sitzen direkt vor ihm. Küssel als Initiator und Inhaltslieferant, B. als Initiator, Administrator und Kampfposter und schließlich als "technisches Mastermind" A., der für Einrichtung und Verschleierung der Spuren gesorgt hat.

Staatsanwalt: "Verzögerungsmanöver der Verteidigung"

"Es war ein langes Verfahren, mit vielen Blendgranaten, Rauchbomben und Verzögerungsmanövern der Verteidigung", stimmt Kronawetter die Geschworenen auf sein Schlussplädoyer ein. Dass die Richtigen auf der Anklagebank sitzen, versucht er mit dem Hinweis zu untermauern, dass Alpen-Donau.info plus ein Forum ab der Verhaftung des Trios "tot" gewesen seien.

Das große Match bei den Schlussvorträgen ist jenes zwischen Kronawetter und Verteidiger Michael Dohr um die Schuld oder Unschuld von Gottfried Küssel. Für den Staatsanwalt ist die Sache klar: "Das ist nicht der kleine, dumme Bub, das ist die Leitfigur der rechten Szene", erklärt er seine Überzeugung, dass Küssel mit der Seite zu tun hat.

Und zählt nochmals seine Indizien auf: Am 26. November 2008 hatte Küssel an A. eine Mail geschickt, wo er sich erkundigt, ob dieser die Seite und das Forum einrichten könne. Allerdings unter etwas anderen Namen. Rund drei Monate später gingen die Seiten online - bei einer Einvernahme durch die Polizei hat A. ausgesagt, er habe die Zugangscodes an B. und Küssel geschickt.

Ein Konnex zur Seite sei gefunden worden: der bereits gelöschte Brief eines Fotografen, den dieser an Alpen-Donau.info geschickt hatte. "Wesentlich ist: Warum hat er das Schreiben überhaupt, wenn er angeblich mit der Seite nichts zu tun hat?", stellt Kronawetter in den Raum.

Verteidiger: Anklage ist in sich zusammengefallen

Der Auftritt von Küssels Verteidiger Michael Dohr beginnt selbstkritisch. "Ich habe es Ihnen nicht immer leicht gemacht", spielt er auf seine teilweise aggressive Linie an. "Aber es steht sehr, sehr viel auf dem Spiel: Der Strafrahmen beträgt bis zu 20 Jahre."

Doch "die Anklage ist in sich zusammengefallen", zeigt er sich überzeugt. Denn: Erstens habe Küssel bei A. wegen der Seite nur "angefragt" und sie nicht "beauftragt". Dass diese schlussendlich erst nach drei Monaten unter anderen Namen online gegangen sind, zeige, dass der zweifach einschlägig Vorbestrafte nichts mehr damit zu tun hatte. Schließlich gebe es eine Mail von B. an A., in der die richtigen Namen vorkommen.

Auch die Mail des Fotografen beweise nichts, da sie nur weitergeleitet wurde. Und es gäbe auch keinen Hinweis, dass A. die Zugangscodes zur Website an Küssel weitergeleitet habe.

Urteil nach mehrstündigen Beratungen

Nach mehrstündigen Beratungen haben die Geschworenen das Urteil gefällt: Küssel wird mit fünf zu drei Stimmen schuldig gesprochen. Knapp eine Stunde später wird von der vorsitzenden Richterin Martina Krainz das Strafmaß verkündet: Küssel erhielt neun Jahre, B. sieben und A. viereinhalb Jahre unbedingte Haft.

Krainz erläutert, dass Küssel die Homepage initiiert habe, B. war deren Administrator und Moderator, A. habe das Forum und Homepage registriert. B. habe eine Huldigungsrede gehalten, das Deutschlandlied gesungen und die rechte Hand zum Hitlergruß erhoben. B. habe als "Prinz Eugen" und A. als "Heidegger" gepostet.

"Es sind ganz gravierende Taten wegen der enormen Reichweite des Internet. Haben das alle verstanden?", fragt die Richterin. Die Urteile sind nicht rechtskräftig, sämtliche Verteidiger meldeten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 11.1.2013)