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Das "Skygate" im Zielraum der Planai soll den VIPs einen besonderen Blickwinkel auf das Renngeschehen bieten.

Foto: EPA/BARBARA GINDL

Schladming/Graz - In Schladming strahlt ein neues Wahrzeichen: das Skygate. Eine aufwändige, 35 Meter lange gebogene Stahlkon-struktion, die über der Zielarena des Planai-Stadions thront.

In den Bogen integriert ist eine verglaste Box, reserviert für VIPs, von Russlands Präsident Wladimir Putin bis Arnold Schwarzenegger, die das Geschehen während der Ski-WM (ab 4. Februar) exklusiv aus optimalem Blickwinkel verfolgen können. "Präsidentenzipfel" heißt das Ding im Schladminger Volksmund, weil es der ausdrückliche Wunsch des ÖSV-Präsidenten Peter Schröcksnadel gewesen sein soll. Und was der Präsident wünscht, wird in Schladming ruck, zuck umgesetzt. Verschwiegen wurde bisher die Finanzierung dieses an sich nutzlosen Blickfangs.

Die Kosten belaufen sich nach STANDARD-Recherchen auf rund zwei Millionen Euro. Die genaue Summe lässt sich schwer eruieren, da das Bauwerk in die Gesamtkosten der Zielstadions (rund 30 Mio. Euro) eingerechnet wurde. Vielleicht um Spuren zu verwischen. Eine so überdimensionierte Deko macht sich in Zeiten eines rigorosen steirischen Sparbudgets doch nicht so gut.

"Triumphbogen" für Schröcksnadel

Beworben wird auf dem Skygate ein Sponsor: die Voestalpine. Dort heißt es auf Anfrage, der ÖSV habe das Skygate bezahlt. Stimmt nicht unbedingt. Abgerechnet haben den "Zipfel" die Planai-Bahnen, finanziert hat ihn letztlich die öffentliche Hand, hauptsächlich das Land. Die Voest zahlt dafür Pacht, laut Konzern-Angaben eine sechsstellige Summe. Der Pachtzins geht an Schröcknadels ÖSV. Das heißt: Das Land Steiermark finanziert in Schladming für Schröcksnadel einen "Triumphbogen", die Voestalpine zahlt dafür an den ÖSV Sponsorgelder. Das Land sieht keinen Cent.

Diese gönnerische Note passt durchaus ins Bild der Landespolitik, die mit allen (Geld-)Mitteln diese Ski-WM ins Bundesland holen wollte. Obwohl die Steiermark finanziell am Boden liegt und hunderte Millionen einsparen muss, sei in Schladming, so erzählt man sich vor Ort, "das Geld abgeschafft". Was immer der ÖSV-Präsident verlange, werde umgesetzt.

Das ging sogar so weit, dass der Chef der Landes-Planai-Bahnen, Ernst Trummer, vom zuständigen Vizelandeshauptmann Hermann Schützenhöfer über Nacht seiner Funktion enthoben wurde, weil er sich gegen die üppigen Ausbaupläne des ÖSV gestellt hatte.

Teure Abrisse

Als Trummer weg war, fuhren die Bagger auf und walzten das sogenannte Schwarzhaus nieder, das die Planai-Bahnen zuvor um 582.000 Euro gekauft hatten. Auf dem planierten Areal wurden Sitzplätze für die WM errichtet. Weil sich eben der ÖSV nach der gelungenen Probe-WM 2012 jetzt mehr Zuschauer als ursprünglich erwartet. Das soll auch der Hintergrund gewesen sein, warum ÖSV-Präsident Schröcksnadel darauf drängte, den sogenannten Loop - das vorherige "kleine" Wahrzeichen: ein blauer Bogen ums Stadion - abzureißen. Obwohl es ein Gemeinschaftsprojekt des ÖSV, der Planai-Bahnen und der Stadt Schladming war. Die beiden Abrisse kosten das Land Steiermark zumindest 832.000 Euro. Die einstigen Errichtungskosten des Loops gar nicht mitgerechnet.

Die Landesregierung zeigte gegen die Wünsche des ÖSV-Präsidenten jedenfalls keine Gegenwehr. Die steirischen Politiker bleiben vielmehr weiter spendabel: Für jedes der zwölf WM-Rennen zahlt das Land zusätzlich 250.000 Euro an den ÖSV. In Summe drei Millionen Euro. Es sind aber nur elf Rennen, da es einen Teambewerb für Damen und Herren gibt. Also legt das Land eine 250.000er-Tranche drauf.

In Protokollen, die der Landesregierung bereits vor fast einem Jahr zugegangen sind und die dem STANDARD vorliegen, warnten die Schladminger Verantwortlichen per E-Mail-"Hilfeschrei", dass durch den Druck des ÖSV, der "ganz, ganz fette Kasse" mache, die "regionalen Interessen ganz auf der Strecke bleiben". Das Land wurde informiert, dass es unmöglich sei, vom ÖSV Zahlen zu bekommen. Im Vertrag zwischen dem ÖSV und der FIS, welcher der Stadtgemeinde zugestellt wurde, seien sogar Zahlen geschwärzt und Budgetzahlen nur in Prozenten angegeben gewesen.

Warnung und Ratschlag

Schröcksnadel lässt Kritiker abblitzen. In einem Vortrag bei der russischen Freundschaftsgesellschaft in Graz verteidigte er die Investitionen in die Infrastruktur, die er in Summe mit 490 Mio. Euro bezifferte, als unerlässlich für den Tourismus in Schladming. Und er ätzte über den Präsidenten der steirischen Industriellenvereinigung (IV), Jochen Pildner-Steinburg, der vor Folgekosten mancher "Protzbauten" gewarnt hatte. Der IV-Chef solle "Bilanzen lesen lernen", riet Schröcksnadel. (Walter Müller, DER STANDARD, 25.1.2013)