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In Zypern ist Frühling, aber das schöne Wetter täuscht: Ohne Eurohilfen droht die Pleite.

Foto: AP/Petros Karadjias
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Die Eurozone ist im Sog der Rezession und schickt sich an, den Kurs zu korrigieren. Eurochef Jeroen Dijsselbloem steht dabei im Zentrum.

Es war erst die zweite Sitzung, die der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem als Chef der Eurogruppe und Nachfolger Jean-Claude Junckers am Montagabend in Brüssel beendete. Im Reigen der vielen Krisentagungen seit Ausbruch der Schuldenkrise 2010 könnte sie in der vereinbarten Politik zur Rückführung der Budgetdefizite und harter Sparauflagen an die Länder trotzdem einen Wendepunkt markieren.

Die Minister bewerteten die jüngste, wenig rosige Prognose der EU-Kommission für 2013 und 2014. Dijsselbloem musste eingestehen, dass sein Land daran scheitern werde, das Minus im Haushalt unter die im Stabilitätspakt vorgesehene Schwelle von drei Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) zu drücken. Minus 3,3 Prozent werde das Defizit 2013 betragen, im Jahr darauf 3,4 Prozent, hat das zentrale Planungsbüro (CPB) in Den Haag errechnet. Premierminister Mark Rutte kündigte erst für 2014 weitere Sparmaßnahmen an, 2013 mache das "keinen Sinn, weil wir eine schrumpfende Wirtschaft haben werden".

Damit verliert Deutschland den wichtigsten Verbündeten. Wenn sogar der Chef der Eurozone zugeben müsse, dass mehr Sparen derzeit wenig Sinn mache, dann müsste Nachsicht für die anderen gelten. Es gab dazu zwar keine Beschlüsse, aber nach Meinung von Experten eine gewisse Neuorientierung. Nutznießer ist Frankreich, das zweitwichtigste Land im Euro. Die Regierung in Paris hat die Prognosen bestätigt, wonach das Defizit 2013 bei 3,7 Prozent landen wird, nicht unter drei, wie vereinbart. Minister Pierre Moscovici sprach sich in Brüssel gegen zusätzliche Sparprogramme aus. Jetzt sei wesentlich, das Wachstum zu stärken, einen "guten Rhythmus" zu finden. Währungskommissar Olli Rehn kündigte an, dass eine "Bewertung", die Entscheidung über mögliche Sanktionen, erst im Mai entschieden wird. De facto ist sie bei den Euroministern schon gefallen.

Vielen Staaten kommt das Nachlassen gelegen, vor allem Italien nach den Wahlen, die zum Patt zwischen drei Parteien geführt hat. Dijsselbloem sagte dazu nur, er erwarte, dass Italien die Vereinbarungen einhält.

Portugal und Irland wollen eine Erleichterung bei der Rückzahlung der Hilfskredite. Laut dem irischen Finanzminister Michael Noonan ist eine Laufzeiterstreckung bei Krediten um fünfzehn Jahre im Gespräch. Einen Beschluss dazu gibt es noch nicht, so wie auch beim Dauerproblemthema Zypern. Der Eurogruppenchef sagte, er wolle bis Ende März die Entscheidung über ein Hilfsprogramm herbeiführen. Dazu seien weitere Detailverhandlungen der Troika nötig, vor allem die Umsetzung von Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche. In seiner Erklärung berichtete Dijsselbloem, das Land habe einer Überprüfung durch unabhängige Experten zugestimmt. Zypern braucht bis Mai 17,5 Milliarden Euro, um den  überdimensionierten Bankensektor stabilisieren zu können.

Lettland beantragt Beitritt

Nach dem Regierungswechsel in Zypern diente die Aussprache vor allem der Vorstellung des neuen konservativen Finanzministers Michaelis Sarris.

Gegen alles Krisengerede beantragte Lettland am Montag als 18. EU-Land die Aufnahme in die Eurozone. Kommission und Zentralbank (EZB) müssen nun prüfen, ob das kleine baltische Land die Bedingungen erfüllt, um 2015 oder 2016 den Euro einzuführen.

Dijsselbloem und Rehn dementierten klipp und klar Gerüchte in deutschen Zeitungen, wonach die EZB mit einem Verlassen der Troika gedroht haben soll. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 5.3.2013)