Stephan Nitzl, Rechtsanwalt bei DLA Piper Weiss-Tessbach.

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Die private Nutzung von Internet und E-Mail beziehungsweise die Überwachung durch den Arbeitgeber ist ein heikles Thema.

UserInnen-Frage: Darf der Arbeitgeber die Internetnutzung der Arbeitnehmer überwachen bzw. darf die private Internetnutzung generell verboten werden?

Grundsätzlich ist vorauszuschicken, dass es keinen generellen Anspruch auf Privatnutzung von Internet und E-Mail am Arbeitsplatz gibt. Der Arbeitgeber kann diese untersagen bzw. Regeln für die Nutzung vorgeben. Darüber hinaus kann exzessive private Nutzung arbeitsrechtliche Konsequenzen für den Arbeitnehmer - bis hin zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses -nach sich ziehen. Dies ist allerdings abhängig vom Einzelfall, insbesondere davon, ob durch die exzessive Nutzung die Arbeitsleistung beeinträchtigt wird bzw. auch - wie im Falle von Downloads großer Dateien - die Systemleistung der gesamten Unternehmens-IT in "Mitleidenschaft" gezogen wird.

Betreffend Überwachung der Internetnutzung ist zu differenzieren, ob Privatnutzung generell verboten oder erlaubt ist.

Überwachung gestattet

Ist die Privatnutzung verboten, so ist dem Arbeitgeber eine stichprobenartige Überwachung dieses Verbotes jedenfalls gestattet. Dasselbe gilt für den Fall, dass bestimmte Nutzungsregeln vorgegeben sind oder ein Missbrauchsverdacht besteht. In diesem Fall ist grundsätzlich auch keine Zustimmung des Arbeitnehmers oder des Betriebsrates erforderlich. Es ist hierbei nämlich nicht von einem Eingriff in geschützte Persönlichkeitsrechte auszugehen, da ohnedies nur dienstliche Nutzung gestattet ist.

Anders verhält es sich, wenn die private Nutzung von Internet und E-Mail geduldet oder sogar ausdrücklich gestattet wird. Hier wird eine Kontrolle der Einhaltung des Nutzungsreglements automatisch stärker in die geschützten Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer eingreifen, als es bei ausschließlich dienstlicher Nutzung der Fall ist. Soweit der Arbeitgeber hierbei allerdings nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit vorgeht, wird auch hier eine stichprobenartige Kontrolle, ob sich die Arbeitnehmer an den erlaubten oder geduldeten Rahmen halten, sachgerecht und zulässig sein.

Aufzeichnung personenbezogener Daten

Ebenso wäre auch eine nur mittelbar personenbezogene Aufzeichnung sämtlicher Daten grundsätzlich zulässig. Das bedeutet, dass die Datensätze nicht von vornherein personalisiert werden dürfen und somit nur anonymisiert nach allfälligen gesetzes- oder vereinbarungswidrigen Handlungen und Nutzungen der Arbeitnehmer routinemäßig kontrolliert oder ausgewertet werden. Erst wenn hier ein Verstoß festgestellt würde und dadurch ein konkreter Verdacht besteht, dürften die entsprechenden Datensätze dann einem konkreten Arbeitnehmer zugeordnet werden. Ein derartiges Vorgehen würde sowohl das schutzwürdige Interesse an Geheimhaltung personenbezogener Daten der Arbeitnehmer als auch die Menschenwürde respektieren. Und im Falle eines Missbrauchs oder Missbrauchsverdachts dessen Beschränkung rechtfertigen.

Die Mitbestimmung des Betriebsrates kann in diesem Zusammenhang erforderlich sein, wenn eine Kontrolle vorliegt, die die Menschenwürde der Arbeitnehmer berührt. Das kann nur dann der Fall sein, wenn Daten personenbezogen aufgezeichnet bzw. erfasst werden. Selbst wenn hier keine ständige Kontrolle erfolgt und dadurch die Menschenwürde mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht berührt wird, könnte alleine die Tatsache, dass personenbezogene Daten der Arbeitnehmer erfasst werden, die Zustimmung des Betriebsrates zur rechtswirksamen Einführung derartiger Systeme notwendig machen.

Unterlassung verlangen

Liegt in den genannten Fällen eine Zustimmung des Betriebsrates nicht vor, könnte dieser verlangen, dass der Arbeitgeber diese Überwachung bzw. Erfassung der Daten unterlässt und auf Unterlassung oder "Beseitigung" klagen.

Der Einsatz von spezieller Überwachungssoftware - wie in den USA teilweise üblich - die das Nutzungsverhalten der Arbeitnehmer im Internet gezielt und umfassend überwacht, wird in der Regel die Menschenwürde verletzen und daher in den meisten Fällen unzulässig sein. Daran würde grundsätzlich auch weder die Zustimmung des Betriebsrates noch die Zustimmung der einzelnen Arbeitnehmer etwas ändern, da selbst diese Zustimmung unwirksam wäre.

Kein "Beweisverwertungsverbot"

Abschließend sei allerdings bemerkt, dass es in Österreich kein "Beweisverwertungsverbot" gibt und somit eine allfällige Entlassung eines Arbeitnehmers auch durch Beweise begründet und gerechtfertigt sein kann, die im Zuge einer unrechtmäßigen Überwachung erlangt wurden. (Stephan Nitzl, derStandard.at, 6.5.2013)