Sie wohnt drei Minuten Gehzeit zwischen ihren Eltern und ihrer Schwester in Rum über Innsbruck. Anders könnte die grüne Landessprecherin und zukünftige Tiroler Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe ihren zehnjährigen Sohn allein nicht erziehen. In stressigen Zeiten, im Wahlkampf oder wenn eine schwarz-grüne Koalition ausverhandelt werden muss, wird die 34-jährige Mutter von der Familie oder ihrem Exmann unterstützt. Durch ihn, einen gebürtigen Dominikaner, hat Felipe Rassismus erlebt - und kämpft seither gegen Diskriminierung an.

Öffentliche Aufmerksamkeit erreichte Felipe erstmals, als sie im Mai 2011 gegen die Ausweisung des damals 20-jährigen Lamin Jaithe protestierte. Dieser war jahrelang in Tirol, sprach Tirolerisch und hatte einen Job. Er wurde trotz ihres Engagements zurück nach Gambia geschickt. Felipe hält immer noch Kontakt mit ihm. Viel früher, schon mit acht Jahren, wurde sie zur Feministin. Sie forderte die Gleichstellung von Mädchen beim Ministrieren in ihrer Pfarrgemeinde in Rum. Zusammen mit ihrer Schwester schaffte sie es auch, dass Mädchen beim Gottesdienst assistieren durften. Felipe hat auch keine Berührungsängste mit den traditionell konservativen Bauern.

Den Bauernbundball besuchte sie immer wieder, in der heurigen Ballsaison sogar in der eigenen Innsbrucker Tracht, schwarz mit Stickereien und blauer Schürze, was der konzilianten Grünen nicht nur positive Stimmen einbrachte. Die grünen Fundis orteten prompt Anbiederung an die schwarzen Mächtigen - wie ihr Verhältnis zu den Schwarzen sich überhaupt nur langsam entspannte. Hatte Felipe noch im Sommer 2012 gemeint, ein Regieren mit einer ÖVP unter Landeshauptmann Günther Platter sei unmöglich, ruderte sie schon bald zurück und wollte nicht eine Einzelperson kritisieren.

Mittlerweile findet sie, dass es "passt" zwischen Platter und ihr. Sonst wäre es nicht möglich gewesen, überhaupt Koalitionsgespräche mit der Volkspartei zu führen. Dass sie gut trainiert ist, hat die Läuferin und Walkerin Felipe im Wahlkampf bewiesen. Die langjährige Handballerin erspielte den Grünen 2013 ein Plus von 1,86 Prozentpunkten und den dritten Platz mit 12,59 Prozent. Bei den Grünen ist sie seit 2005, deren Landessprecherin seit 2009. Seit einem guten Jahr erst sitzt Felipe im Landtag, vielleicht schon Ende Mai in einer Landesregierung. (Verena Langegger, DER STANDARD, 14.5.2013)