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John Scofield und John Medeski - hier 2007 live in Warschau.

Foto: APA / EPA/TOMASZ GZELL

Der Mann aus den USA hat mehrere stilvolle Musikseiten in sich, das drückt sich natürlich auch in seinen CD-Veröffentlichungen aus. Einmal legt Gitarrist John Scofield Abstrakt-Jazziges vor, dann wieder kommt ein Album, das Meister Ray Charles gewidmet ist. Bisweilen erreicht die Gemeinde allerdings auch eine funkige Botschaft wie etwa bei Scofields Universal-Einstand "A Go Go". Auch "überjam" passte vor ein paar Jahren in diese Kategorie, und so verhält es sich nun auch bei "überjam deux". Der Titel bezieht sich natürlich explizit auf die gleichnamige Vorgänger-CD, und das "deux" meint schlicht - auf Französisch ausgedrückt - "zwei", also den zweiten Teil eines Projektes, das sich sehr groovig gibt.

Das Funkige, Soulige ist bei Scofield allerdings nie glatt und banal. Zwar geht es immer mit einem deftigen Riff los, ein markantes Thema folgt und weicht dann einem Solo, bei dem Scofield auch seine bluesige Seite offenbart. Das Erstaunliche bei diesem Musiker, der sagt, von Trompeter Miles Davis, bei dem er gespielt hat, extrem geprägt worden zu sein: Er ist ein gitarristischer Minimalist, ein entspannter, raffinierter Instrumentalsänger, bei dem es keine Notenverschwendung gibt. Er verzichtet auf rasende Läufe, er bewegt sich quasi wenig, aber im Detail zeigt sich eine Rhetorik, die unentwegt Aphorismen von hoher Strahlkraft produziert. Keine Note zu viel ist da zu hören, keine sinnlosen Gedanken. Dafür wird der Einzelton vielgestaltig "geknetet".

Wichtig das Legatospiel, das effektvoll-aufschreiende Saitenziehen und natürlich die Soundveränderungen, die Scofield zum Klangmaler auf grooviger Basis machen. Die CD "überjam" (von 2002) meinte Scofield, wäre jene, die Miles Davis, seinem Förderer, am besten gefallen hätte. Ähnliches lässt sich nun über die Fortsetzung "überjam deux" sagen. Auch hier ist Elektronik integriert, auch hier sind die Themen, zumeist von Scofield komponiert, markant und einprägsam.

Hilfreich ist da auch die gelassene Arbeit von Avi Bortnick (Gitarre und Samples), Andy Hess (Bass), Adam Deitch (Schlagzeug) und Louis Cato (Schlagzeug) wie auch die Beiträge des Spezialgastes John Medeski. Dessen Orgelsound gibt der Aufnahme Atmosphäre. Das Besondere bleibt allerdings Scofield. Die Logik und Sangbarkeit der Linien, das Relaxte seines Spiels lässt ihn das bleiben, was er bisher auch schon längst war: Der eloquenteste und ausdrucksstärkste Gitarrist auf Jazzerden.

Und wenn er einmal das funkig groovende Milieu verlässt wie beim Stück "Curtis Knew", in dem er poetisch in die poppigen späten 1960er-Jahre abhebt, dann steht man zwar vor einer etwas schwächeren Komposition - aber man verzeiht gerne. (Ljubisa Tosic, Rondo, DER STANDARD, 31.5.2013)