Jack Barnett und seine fabelhafte Freistilband These New Puritans aus Großbritannien.

Foto: Willy Vanderperre / Infectious

THESE NEW PURITANS
Field Of Reeds (Infectious)
Innerhalb weniger Jahre hat sich die Band aus der britischen Provinz auf drei Alben insgesamt dreimal neu erfunden. Das ist kommerziell mindestens nicht gescheit. Im Publikum kennt sich niemand aus, in den Geschäften bleiben die CD-Vinyls liegen. Nicht einmal im Land der Piraten finden sich genug treue Anhänger, die der Welt das Material unentgeltlich zur Verfügung stellen. Nur iTunes ist das schwer wurscht, aber die haben ja auch keine Lagerkosten. Einem Mastermind wie Jack Barnett ist das allerdings auch egal. Der interessanteste britische Musiker abseits der Elektronik startete seine Band mit dem Album "Beat Pyramid" von 2008 und seinen zackigen Post-Punk- und New-Wave-Beats, die dem Werk Mark E. Smiths und dessen Band The Fall nicht unähnlich waren.

Man beschäftigte sich mit Numerologie, britischem Intelligent Techno der 1990er-Jahre oder autarken US-HipHop-Sichtungen jenseits des Gangster-Bling-Bling - und spielte auf Modeschauen Karl Lagerfelds, bevor dieser The XX ins Herz schloss. 2010 folgte mit "Hidden" ein radikaler Stilbruch, Barnett führte die Band weg vom Gitarrengedresche zu einer seltsamen Verbindung klassischer moderner e-musikalischer Muster und kombinierte dies immer unter Beibehaltung gewisser Songformate mit jamaikanischer Produktionstechnik.

Nun mit den Kompositionen auf "Field of Reeds" und dem Schwerpunkt auf Blasinstrumenten und Klavier sind These New Puritans, benannt übrigens nach einem alten Songtitel von The Fall, dessen Mark E. Smith die Band rechtschaffen verachtet, bei pastoralem Progressive Rock gelandet.

Dieser bewegt sich in der Nähe der hochverehrten britischen Altvorderen Talk Talk um den inzwischen seit Jahren verstummten Mark Hollis. Manchmal klingen These New Puritans auch nach Peter Hammill von Van Der Graaf Generator, wenn dieser Sänger bei Radiohead wäre. Es ist ein ruhiges Album, das mit Jazzmusikern und einer portugiesischen Fadosängerin zwar hochkomplexe Musik schafft, die sich in diversen Jahresbestenlisten der Musikpresse wiederfinden wird. Den Weg zum Käufer wird das alles leider nicht finden. Ein letztes Stichwort: Der späte Scott Walker, aber hörbar.

THE FALL
Re-mit (Cherry Red)
Mark E. Smith selbst veröffentlicht inzwischen das geschätzt 30. Studioalbum seiner Band in 37 Jahren. Seit Jahren mit erstaunlich beständigem Line-up ist es wieder einmal besser gelungen als die zwei, drei Alben davor (was nicht sooo schwer war). Allerdings nervt die mitunter arg Richtung Metal gehende Gitarre doch sehr, von den ewig gleichen Bestandteilen wie Krautrockparaphrasen, stumpfen Holzbeats und Repetition einmal ganz abgesehen. Schön ist es trotzdem, den zahnlosen Überlebenskünstler noch immer Gift und Galle spucken zu hören. Dieses Mal richten sich die Tiraden unter anderem gegen die eigene Band. Der Mann hat zweifellos Humor.

ANNA VON HAUSSWOLFF
Ceremony (City Slang)
Die junge schwedische Künstlerin irrlichtert zu Kirchenorgel, Wikingerfackel und nach Waldbrand riechenden Räucherstäbchen auf den Spuren Kate Bushs und Soap & Skins durch den nordischen Wald. Das ist volle bedrohlich. (Christian Schachinger, Rondo, DER STANDARD, 21.6.2013)