Die weltweit größte Elektroauto-Ausfahrt hat am Freitag ihren Betrieb aufgenommen. Impressionen von Start und Starterfeld im Wienerwald

Eichgraben. Viel Natur, malerisch hingezuckerte Häuser, verheißungsvolle Einkehrmöglichkeiten. Hier, ein paar Kilometer westlich von Wien, ist die Welt noch in Ordnung. Freitagmorgen war die Welt ganz besonders in Ordnung, zumindest für die Starter der Wave 2013, der laut Auskunft des Veranstalters größten Rallye der Welt, so es um Elektrofahrzeuge geht.

Schließlich treiben der Zero-Emission-Gedanke und der Hang zur Weltverbesserung alle an, die sich an diesem Tag am Hotelparkplatz eingefunden haben. 30 Teams haben genannt, das Feld ist international besetzt. Das Gros der Stromer kommt aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, aber auch in Slowenien, der Tschechischen Republik und Italien scheint die E-Mobilität zarte Triebe zu schlagen.

Höhepunkt Glockneretappe

Richtiges Rennen gegen die Uhr, also eine Hetzerei quer durch Europa, ist das Event nicht, vielmehr eine Gruppenausfahrt, welche die Teilnehmer über mehrere Etappen und 1.800 Kilometer von Eichgraben bis nach Zürich führt. Ein Mix aus Geschwindigkeit, kreativem Auftritt und gruppendynamischen Einlagen bringt den Sieg. 130 bis 260 Kilometer stehen pro Tag auf dem Programm, und wenn man sich den Fuhrpark so ansieht, wird rasch klar, dass mit dieser Vorgabe einige Aspiranten ihre Probleme haben werden.

Was für den Tesla Roadster des österreichischen Vorjahressiegers Manfred Hillinger eher ein forcierter Ausflug wird, könnte für einige elektrifizierte Plastikbomber zu einer echten Challenge werden. Zehn Tage sind für den Elektro-Parcours veranschlagt, Höhepunkt im wahrsten Sinne des Wortes ist eine Großglockneretappe, da könnten bei einigen die Akkus zu brutzeln beginnen. Dennoch: Im Wienerwald herrscht an diesem Tag großer Optimismus, wir haben einige Impressionen aus der Boxengasse eingefangen.

Ansichtssache:

Der Berliner Stephan Schwartzkopff führt einen Elektro-Roadster MIC7-é aus. Der Mann ist Alternativ-Antrieben verfallen, ist er doch Leiter eines Kompetenznetzwerks für nachhaltige Mobilität in Berlin. 99 Kilometer trägt ihn sein Einzelstück, wenn alles gut geht. Die relativ geringe Reichweite seines Smart-Roadster-Umbaus bereitet dem Starter keine Sorgen. Eher schon, ob er mit offenem oder geschlossenem Dach fahren soll.

foto: derstandard.at/schlögl

Ziemlich radikal wurde dieser Trabant Kombi auf Elektromobilität getrimmt.

foto: derstandard.at/schlögl

Der Kofferraum wird gut zur Hälfte von einem beeindruckenden Batteriepaket in Beschlag genommen. Die Beifahrerin will nichts dazu sagen: "Das weiß alles mein Sohn, ich weiß nur, dass das meiste von mir gesponsert ist." Eine gute Mutter.

foto: derstandard.at/schlögl

Herr Hummel ("Kein Vorname, wegen des Datenschutzes, bitte") ist der glückliche Filius, ansonsten Student. Das Akku-Pack im Heck wurde extra aus China importiert, ein Trabant bot sich als Hülle aufgrund seines geringen Gewichts an. Der Sachse vertraut auf mindestens 150 Kilometer Reichweite, "und im Notfall habe ich eine Extrabatterie irgendwo da hinten."

foto: derstandard.at/schlögl

Ansonsten will es der Dresdner eher gemütlich anlegen. Ankommen sei das erste und einzige Ziel.

foto: derstandard.at/schlögl

Etwas ambitionierter geht der Slowene Andrej Pecjak die Wave 2013 an. Der Mann baut auf Wunsch so ziemlich alles auf Elektroauto um, so auch diesen Mazda RX-8. Wankelmotor und Tank wurden explantiert, stattdessen verteilen sich mehrere Lithium-Polymer-Akkus im E-Japaner. Der Elektromotor surrt vorne und wirkt auf die Hinterräder, der Kofferraum taugt bestenfalls für einen Badeausflug. 175 km/h Top-Speed leistet der Umbau, das geringe Gewicht von bloß 1.400 Kilogramm kann sich sehen lassen. Großglockner? "Kein Problem", meint Herr Pecjak.

foto: derstandard.at/schlögl

Mehr Sorgen bereiten dem Slowenen die diversen Stromanschlüsse, um seinen RX-8 mit Energie zu versorgen. Zu sehen ist der Adapter-Koffer, der angeblich alle Stromzuführvariationen in Europa abdeckt. Zu sehen ist vor allem einer der Hauptgründe, warum E-Mobilität nicht wirklich vom Fleck kommt.

foto: derstandard.at/schlögl

Hier die Eichgrabener Tankstelle am Hinterhof des Hotels.

foto: derstandard.at/schlögl

Bis zum Schluss wird aufgeladen (und der jeweilige Kabelsalat entwirrt).

foto: derstandard.at/schlögl

Zu den Klassikern der E-Mobilität gehört mittlerweile das Twike. Die Kunststoffblase nimmt zwei Personen, der Lithium-Ionen-Akku verspricht eine Reichweite zwischen 50 und 100 Kilometer.

foto: derstandard.at/schlögl

Andreas Schröder wird angesichts der längeren Etappen dennoch nicht bang. "Wenn der Akku leer ist, heißt's halt in die Pedale treten." Die Anfahrt aus dem englischen Milton Keynes, der neuen Wahlheimat des Deutschen, darf als optimales Training für die Wave gewertet werden.

foto: derstandard.at/schlögl

Das vorbildlich übersichtliche Cockpit von Herrn Schröders Twike.

foto: derstandard.at/schlögl

Mit einer ganz klaren Vision ist Johann Hammerschmied angereist. Der Oberösterreicher hat sich vor ein paar Jahren vom Elektro-Virus infizieren lassen und hat in seiner Bad Leonfelder Firma ein komplett eigenentwickeltes Elektro-Motorrad aufbauen lassen.

foto: derstandard.at/schlögl

"Biiista" heißt das Gerät, von dem bei der Wave gleich zwei Exemplare antreten werden. Fünf Prototypen sind bereits fertig, im Laufe dieses Jahres soll eine Kleinserie von 50 Biiistas entstehen. Steigerung der Produktionszahlen bei positiver Resonanz nicht ausgeschlossen. 100 Kilometer trägt das markante Bike, danach hängt der Akku zwei Stunden an der Steckdose, um wieder bis zum Anschlag geladen zu sein. "Die E-Mobilität wird das Straßenbild in einigen Jahren verändern", ist der Oberösterreicher überzeugt.

foto: derstandard.at/schlögl

Die Aufstellung zum Start ist übrigens ein nicht ungefährliches Unterfangen. Komplette Stille am Parkplatz, trotz heftigen Rangierens, so flüsterleise bahnen sich die E-Fahrzeuge ihren Weg.

foto: derstandard.at/schlögl

Wenige Minuten vor dem "Go". Rolf Noti und sein Think City sind bester Laune.

foto: derstandard.at/schlögl

Stimmungsaufhellend wirkt sicher auch die individuell gestaltete Armaturenlandschaft in dem Elektro-Gerät des Schweizer Starters.

foto: derstandard.at/schlögl

Das ist übrigens SAM. Das Elektrodreirad kommt ursprünglich aus der Schweiz und wurde in Polen zu SAM II weiterentwickelt. Betreiber ist das Team SÄMI, genauer Jean-Pierre Kessler. Der 390 Kilogramm leichte Wagen ist für eine Spitzengeschwindigkeit von 90 km/h ausgelegt. Der Wagen kostet in der Schweiz 12.600 Euro, für die Batterie sind 6.900 Euro zu berappen.

foto: derstandard.at/schlögl

SAM ist also etwas für Enthusiasten - und hier am Start.

foto: derstandard.at/schlögl

Quasi mit einem Youngtimer geht das Team Solon an den Start. Dessen Think City A266 stammt noch aus den 1990ern. Ein Engine-Swap führte das Gerät in die Gegenwart.

foto: derstandard.at/schlögl

Mittlerweile bekannt und immer ein Aspirant auf den Gesamtsieg: Tesla Roadster, hier mit einem spanisch-kasachischen Fahrerteam.

foto: derstandard.at/schlögl

Aus der Verbrennungsmotor-Szene sind so gut wie alle aktuellen Elektro-Angebote am Start. Konkret Renault Zoe, Mitsubishi i-Miev, Volvo C30 Electric ...

foto: derstandard.at/schlögl

... und ein Renault Twizy.

foto: derstandard.at/schlögl

Das ist übrigens auch ein Elektroauto, nur eben ein großes. Platzprobleme mit den Batterien sollte es nicht geben.

foto: derstandard.at/schlögl

Besonders auffällig sind jedoch diverse ambitionierte Bastelstuben, die, so scheint es, dem Image der Elektromobilität eher entsprechen. Hier bahnt sich ein Tazzari Zero seinen Weg.

foto: derstandard.at/schlögl

An der Aeorodynamik sollte noch ein klein wenig gefeilt werden.

foto: derstandard.at/schlögl

Vorbildlich hingegen dieser Corbin Sparrow. Der rundgelutschte Amerikaner wird von einem Norweger pilotiert. Knapp 100 Kilometer Reichweite und eine Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h werden für den Wagen ausgewiesen. Es gibt übrigens auch ein Stufenheck vom Corbin Sparrow.

foto: derstandard.at/schlögl

Sehr entspannt geht Jaromir Vegr die Sache an. Der Mann ist so etwas wie ein E-Veteran. Seinen bald 20 Jahre alten Peugeot Electric fährt er, "bis er irgendwann zusammenbricht".

foto: derstandard.at/schlögl

Und schon saust er dahin, dem Großglockner entgegen.

foto: derstandard.at/schlögl

In zehn Tagen und in der Schweiz wird sich zeigen, wer der Elektro-Champ der Wave Trophy 2013 sein wird. (Stefan Schlögl, derStandard.at, 28.6.2013)

Link
Wave Trophy 2013

foto: derstandard.at/schlögl