Stephan Nitzl ist Rechtsanwalt bei DLA Piper Weiss-Tessbach.

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Mit dem Sommer beginnt auch die "Urlaubssaison". Viele Dienstnehmer, besonders jene mit schulpflichtigen Kindern, nutzen die Sommermonate, um Urlaub zu konsumieren. In diesem Zusammenhang sind auch einige arbeitsrechtliche Fragen von Usern aufgetaucht, die wir beantworten möchten.

Kann der Dienstgeber Mitarbeiter einfach in den Urlaub schicken?

Grundsätzlich nein. Der Urlaubsverbrauch muss zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer vereinbart werden. Zweck des Urlaubs ist es, dass sich der Dienstnehmer erholen kann. In der Regel kann auch der Dienstnehmer mitentscheiden, wann dies möglich ist und er somit Urlaub antritt. Es gibt allerdings Betriebe, in denen es einen so genannten "Betriebsurlaub" gibt, in dem der Betrieb in den Sommermonaten für eine bestimmte Zeit geschlossen wird. Auch hier gilt allerdings, dass dieser Betriebsurlaub mit jedem Mitarbeiter vereinbart werden muss und nicht einseitig angeordnet werden kann.

Es besteht allerdings die Möglichkeit, diesen Betriebsurlaub bereits vorab bei Abschluss des Dienstvertrages fix zu vereinbaren. Zu beachten ist hierbei, dass dem Dienstnehmer dennoch ausreichend Urlaubsanspruch zur eigenen Verfügung bleiben muss. Als Faustregel kann hier gesagt werden, dass die Vereinbarung von Betriebsurlaub bis ca. zum Ausmaß der Hälfte des jährlichen Urlaubsanspruch des Dienstnehmers zulässig ist.

Zankapfel Zustimmung

Wird der Betrieb nunmehr im Sommer tatsächlich geschlossen, ohne dass der Mitarbeiter dem Urlaubsverbrauch zustimmt, hat ein arbeitsbereiter Mitarbeiter dennoch einen Entgeltanspruch, ohne Urlaubsanspruch konsumieren zu müssen.

Allerdings muss eine Zustimmung des Mitarbeiters nicht zwingend ausdrücklich sein, denn die Zustimmung kann konkludent erfolgen. Das bedeutet: Wenn beispielsweise ein Betrieb geschlossen wird und sich der Dienstnehmer nicht ausdrücklich arbeitsbereit erklärt, wird angenommen, dass er dem Urlaubsverbrauch stillschweigend zugestimmt hat. Wenn also das Verhalten des Dienstnehmers darauf schließen lässt, dass er mit dem Betriebsurlaub einverstanden ist, kann von einer - eben konkludenten - Urlaubsvereinbarung ausgegangen werden.

Kann ein Dienstnehmer einfach in den Urlaub gehen, ohne das Okay des Chefs?

Auch hier gilt: grundsätzlich nein. Wie bereits beschrieben ist der Urlaub zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer zu vereinbaren. Nicht genehmigter Urlaubsantritt wäre somit jedenfalls eine Verletzung der Dienstpflichten und als unentschuldigtes Fernbleiben zu werten. Die Konsequenzen können durchaus gravierend sein, hängen aber jeweils vom Einzelfall ab. Man riskiert, dass man in dieser Zeit kein Entgelt bekommt. Sofern es eine "bloße" Pflichtverletzung ist, kann man zwar nicht sofort fristlos entlassen werden, sondern erst nach einer Abmahnung im Wiederholungsfall. Also wenn man von einer beharrlichen Pflichtverletzung sprechen kann.

Trotzdem ist es aber nicht auszuschließen, dass - situationsabhängig - aufgrund der Umstände bereits der erste eigenmächtige "Urlaubsantritt" als Untreue im Dienst gewertet wird oder den Dienstnehmer als vertrauensunwürdig erscheinen lässt. In diesem Fall wäre sogar eine fristlose Entlassung beim erstmaligen einseitigen Urlaubsantritt denkbar. Selbst wenn eine fristlose sofortige Entlassung allerdings nicht rechtlich gedeckt ist, könnte der Dienstgeber dieses Verhalten als Anlass für die Kündigung des Dienstverhältnisses nehmen. Man setzt mit einem derartigen Verhalten daher unter Umständen seinen Arbeitsplatz aufs Spiel.

Ausnahmen gibt es nur in besonderen Fällen

So kann ein Dienstnehmer beispielsweise einseitig Urlaub antreten, wenn sein im gemeinsamen Haushalt lebendes Kind (oder aber das im gemeinsamen Haushalt lebende Kind des Ehegatten, eingetragenen Partners oder Lebensgefährten), das jünger als zwölf Jahre alt ist, erkrankt und gepflegt werden muss. Grundsätzlich gibt es hier zwar auch den Anspruch auf Pflegefreistellung. Ist diese aber bereits voll ausgeschöpft, kann der Dienstnehmer zu diesem Zweck ohne vorherige Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Urlaub antreten.

Eine weitere Ausnahme besteht dann, wenn ein Dienstnehmer in einem Betrieb, in dem ein Betriebsrat besteht, den Zeitpunkt seines Urlaubsantritts dem Dienstgeber bereits mindestens drei Monate vorher bekannt gibt. In diesem Fall kann bei Uneinigkeit über den Urlaubsantritt der Betriebsrat den "Verhandlungen" beigezogen werden. Kommt es dennoch zu keiner Einigung, kann der Dienstnehmer den gewünschten Urlaub antreten, sofern der Dienstgeber dagegen nicht in einem Zeitraum zwischen acht und sechs Wochen vor dem geplanten Urlaubsantritt Klage beim zuständigen Arbeitsgericht eingebracht hat. Zu beachten ist allerdings, dass diese Regelung nur dann gilt, wenn der begehrte Urlaub zumindest zwölf Werktage dauern soll. (Stephan Nitzl, derStandard.at, 8.7.2013)