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Jay-Z beim Auftritt im Barclays Center in Brooklyn, in New York.

Foto: ap / Evan Agostini

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Cover des Albums "Magna Carta Holy Grail"

Foto: ap

Als Riese inszeniert blickt er vom Cover des "XXL-Magazine", einer amerikanischen Hip-Hop-Fachzeitschrift, herunter. Auf Augenhöhe mit dem Empire-State-Building, links von ihm das Chrysler Building. "Is Jay-Z bigger than Hip-Hop?", fragten sich die Journalisten des Magazins schon vor vier Jahren.

Die Antwort ist: Ja. Mit seinem neuen Album "Magna Carta Holy Grail" (MCHG) hat der geschäftstüchtige Unternehmer dies am einprägsamsten unter Beweis gestellt: Nicht nur, dass sein Album-Cover in der alten englischen Kathedrale von Salisbury neben einem Original der Magna Charta keck in Stellung gebracht wurde: Das südkoreanische Samsung-Konglomerat hat auch noch für eine Million Exemplare seines neuen Albums fünf Millionen Dollar bereitwillig hingeblättert, um sie über eine Gratis-Anwendung an ausgewählte Galaxy-Nutzer zu verschenken. Pro Album bekommt Jay-Z also fünf Dollar bezahlt, während Samsung die Bewerbung seiner Musik umsonst macht - ein Geschäftsmodell, das Musikverkäufe und Werbestrategien in neue Bahnen lenkt.

Vermarktungsgenie

Diese Abmachung markiert nur den Höhepunkt einer beispiellosen Vermarktungskampagne und ist Teil einer langen Reihe von Deals. Die bedeutendste Business-Partnerschaft unterhält der 43-jährige mit der US-amerikanischen Medienfirma "Live Nation", mit der er 2008 einen 150-Millionen-Dollar-Vertrag vereinbarte, auch der größte seiner Art, Madonna unterschrieb im Vergleich für 120 Millionen Dollar.

Beständigkeit

Jay-Z lässt sich Übergroß inszenieren und kann sich das auch leisten, denn hinter der Marketing-Blase steht sein Können, das ihn, zum Besten seiner Zunft macht. Er gilt in der Branche als das Maß aller Dinge, wird von anderen Musikern für seinen Flow und seine Metaphern geschätzt. In einer Szene, in der es schnell gehen muss, ein Hit den anderen jagt und sich sogar besonders talentierte Rap-Musiker nicht mehr als zwei Alben behaupten, ehe sie verdrängt werden, ist er erfolgreich beständig geblieben.

"Che Guevara with bling on"

Der heute 500 millionenschwere, mit der erfolgreichen RnB Sängerin Beyoncé verheiratete, persönliche Freund der Obamas aus dem berüchtigten Viertel der Marcy Housing Projects in Brooklyn, ist widersprüchlich wie authentisch zugleich. "I´m like Che Guevara with bling on, I´m complex", brachte er es selbst in einem Song zur Sprache. Gedanken zur Umverteilung und Diamanten-Goldkette in Einem – ein durchwegs Sozialer also, gefangen in der Zwangsjacke des Kapitalismus? Vielleicht etwas von beidem.

Harte Zeiten

Wahr ist: Im Brooklyn der 1980er gab es Gegenden, wo Crack, billiger war als so manche Lebensmittel im Supermarkt, in dieser Umgebung als schwarzer Teenager aufzuwachsen ist lebensgefährlich. Dass er dank seines einzigartigen Talentes - Jay-Z schreibt keine Texte nieder, sondern formt seine Gedanken binnen Sekunden zu sich reimenden Versen, die er unmittelbar in das Mikro einspricht - aus dem Ghetto herausfand, ist beachtlich.

In seiner Crack-Dealer-Zeit hat er eine gehörige Portion an "Street Credibility" mitgenommen, also den Umgang mit den rauen Sitten der Straße, die er heute mit den Mechanismen des Marktes perfekt abgeglichen hat: "I sell Ice in the Winter, I sell Fire in Hell, I´am a Hustler baby, I sell Water to a Well".´ Dass er heute zwei Jahrzehnte im Musik-Geschäft, mit 50 Millionen verkauften Alben weltweit, 17 Grammy Auszeichnungen und 13 Nummer-eins-Alben, vor ihm ragen nur noch die Beatles mit 19 hervor, seine Musik und damit sich selbst zum "Business" erklärt hat, ist vor diesem Hintergrund nicht verwunderlich. Wer kann, der greift eben zu - besonders wenn man aus dem sozialen Präkariat kommt.

Picasso als Metapher

Mit "Magna Carta Holy Grail" kann er musikalisch aber nur teilweise punkten. Neben "Picasso Baby", und den Songs "Holy Grail", "BBC", "Versus", "Tom Ford" und "Somewhereinamerica" verschwinden die meisten anderen Tracks in der großen Weite der Unauffälligkeit. Das Musikbild, dass "Jiggaman", so nennt sich Jay-Z auch, auf "MCHG" zeichnet, deutet auf keinen Picasso hin, wie er gerne erwähnt. Dabei ist gerade das spanische Genie Pablo Picasso für Jay-Zs Aufstieg richtungsweisend gewesen: "You draw, better be Picasso, you know the best", gab sich der damals 26-jährige Jay-Z auf seinem ersten Album die Richtung vor. 17 Jahre später schließt sich hier der Kreis. (Toumaj Khakpour, 31. Juli 2013, daStandard.at)

Das Album: Magna Carta Holy Grail