Charleston: Ein Jeep Wagoneer aus den späten 1990ern – die serienmäßige Holzapplikation passt hier hervorragend zum Baum, der im Vorgarten um sich greift.

Foto: der standard/völker

Savannah: ein Chevrolet Tahoe in extravaganter Farbgebung. Hier bilden der Geschmack des Fahrzeughalters und die Eleganz des Anwesens keine Einheit, aber einen guten Kontrast.

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Straßenszene in Savannah, wo sich Hippies, Hipsters und Künstler treffen.

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Kopfsteinpflaster, Gaslaternen, plätschernde Springbrunnen und der Duft von Magnolien. Von den riesigen Bäumen hängt das grüne Moos wie ein Trauerflor. In die Stille schneidet sich ein Wummern. Die dumpfen Bässe werden lauter. Der Gangsta Rap kündigt drohendes Unheil an.

Statt eines Dodge Charger biegen aber fünf schwarze Youngsters um die Kurve, sie sitzen auf aufgemotzten Fahrrädern, die Hände auf langen Gabeln wie bei einem Chopper. Blitzendes Chrom, an der Lehne des Sattels hängt der Ghettoblaster. Die Blicke sind lässig in die Ferne gerichtet.

Die Ernsthaftigkeit, mit der diese Jungs unterwegs sind, zeugt von Würde und Stil. Sie cruisen mit dem Fahrrad durch die Stadt. Nicht um irgendwo hinzukommen, sondern um gesehen zu werden, um Leute zu treffen, um unterwegs zu sein.

Fortbewegung ist auch Haltung

In Savannah wird tatsächlich Rad gefahren, nicht alle tragen ihre Attitüde so anschaulich vor sich her wie die fünf schwarzen Jungs, aber Fortbewegung ist hier auch eine Haltung: coole Räder, auch eine Frage des Leistbaren. Üblicherweise aber acht Zylinder und das Blubbern aus der Tiefe des Hubraums, da braucht man keinen Ghettoblaster an der Rücklehne.

Auch hier stellt sich die Frage des Leistbaren. Autos sind wichtig, auch als Ausdruck einer Einstellung, als Zugehörigkeit zu einem Lebensgefühl, dann dürfen es gerne Youngtimer sein, Pickups oder Geländewägen aus den 70er-, 80er- und 90er-Jahren – vor der Erfindung des Sechszylinders. Langsamkeit ist hier ein Prinzip.

Lebendige Kunstszene

Savannah ist eine Perle des Südens, Georgias älteste Stadt. Die Innenstadt mit den zahlreichen begrünten Plätzen und vielen restaurierten Häusern gilt als eine der schönsten der USA. Der Hafen am Savannah River liegt nur 25 Kilometer von der Atlantikküste entfernt. Auf den ersten Blick wirkt die Stadt ausgestorben, wie ein Museum.

Man muss sich einlassen, dann gibt es eine sehr lebendige Kunstszene, die von schrägen Vögeln und ausgeprägten Charakteren bevölkert wird. Ungewöhnlich ist die Hippieszene, die im Kontrast zu den coolen und schicken Lokalen steht, die es hier auch gibt.

Gefährlich und elegant

Keine zwei Autostunden ist Charleston entfernt, in South Carolina fast direkt am Meer gelegen. Eine der gefährlichsten Städte der USA und zugleich eine der ele gantesten Städte mit einer ungewöhnlich hohen Dichte an feinen Restaurants, in denen man un üblich gut essen kann.

Die ehe malige Me tropole der Südstaaten machte aus ihrer wirtschaftlichen Not eine Tugend, das ist die alte Bausubstanz: In der kolonialen Hafenstadt sind noch etwa 800 Gebäude aus dem 18. und 19. Jahrhundert erhalten. Die Häuser sind sorgfältig gepflegt, in den Gärten thronen alte, mächtige Bäume, auf den Veranden knarren Schaukelstühle.

Anregende Automobile

Vor den Häusern stehen Autos, die die Fantasie anregen. Weil sie eine so auffällige Einheit mit dem Anwesen bilden, als ob sie damit verwachsen wären, oder weil sie einen grellen Kontrast darstellen, als ob sie ein widersprechendes Statement abgeben wollten. Auch diese Autos sind ein Teil der amerikanischen Geschichte, noch sind sie das. (Michael Völker, DER STANDARD, 30.8.2013)