Gruseliges von dem Schweizer Künstler und Oscarpreisträger HR Giger bei der Ars Electronica.

Foto: HR Giger / Ars Electronica

Linz - Den Anfang machte einer, dessen Werke man ohnehin nicht so schnell vergisst: Mit dem Schweizer Designer und Künstler HR Giger (Alien) holte sich die Ars Electronica einen Oscar-Preisträger als Featured Artist ins Lentos-Kunstmuseum. Einen Tag vor der offiziellen Festivaleröffnung stand dann auch ein ausnehmend heterogenes Publikum (Unbehagen beim Betrachten vereint offenbar) in seinen zweibeinigen Einzelteilen Schlange, um blockabgefertigt ein wenig Grusel zu empfinden und Maschinensex zu bestaunen.

Mittlerweile Herzstück des Festivals ist die Cyberarts-Ausstellung im Offenen Kulturhaus O.K. Heuer punktet sie zusätzlich mit dem Tierbonus: Das Mechelse Styrian-Huhn repräsentiert die Vermischung von Kulturen und Ethnien. Als Ergebnis 20-jähriger Forschungsarbeit trägt es Erbanlagen sämtlicher Artgenossen in sich, der belgische Konzeptkünstler Koen Vanmechelen sieht in seinem Kosmohuhn eine "Ode an das Leben". Die Henne und das Ei stehen seit Jahren im Zentrum der künstlerischen Aktivitäten des 48-Jährigen - heuer wird er mit der Goldenen Nica in der Kategorie Hybrid Art dafür ausgezeichnet.

Refugees United ist ein weiteres Projekt innerhalb der Cyberarts-Ausstellung, das für Gesprächsstoff sorgen soll: Es handelt sich dabei um eine Webdatenbank, mit der Flüchtlinge nach Familienmitgliedern und Freunden suchen können. Entwickelt wurde die Suchmaschine von den Dänen Christopher und David Mikkelsen - sie wurden dafür in der Sparte Digital Communities ausgezeichnet. Die Installation Angles Mirror wiederum zeichnet Bewegungen der Person davor auf und spiegelt mit 450 Zeigern das Bild des Betrachters. Der US-Künstler Daniel Rozin erhält für sein gleichermaßen witziges wie ästhetisches Zusammenspiel von Mensch und Maschine eine Anerkennung im Bereich Interactive Art.

Suppenbrunzer

Eröffnet wurde am Donnerstag eine weitere Ausstellung, nach der, so der künstlerische Festivaldirektor Gerfried Stocker, immer mehr Besucherinnen und Besucher sich noch vor ihrer Buchung erkundigen würden. Internationale Studierende des Masterstudiengangs Interface Culture präsentieren witzig-intelligente Auseinandersetzungen mit Technik und gegenwärtigen Themen, oder aber interpretieren Kunstgeschichte und zeitgenössische Ästhetik neu: Arnulf Rainer for digital performers von Alessio Chierico etwa ist eine Neuinszenierung von Peter Kubelkas Komposition Arnulf Rainer. Die Originalpartitur wird dabei von visuellen Medien gespielt.

Eine sich verändert habende Esskultur reflektiert Nina Mengins Suppenbrunzer; und in Memories of the Future können Benützerinnen und Benützer eine interaktive audiovisuelle Karte des menschlichen Genoms erforschen.

Erinnerung - Total Recall - war auch bei der Festivaleröffnung in der Tabakfabrik am Donnerstagabend Thema, u. a. mit dem multimedialen Projekt Wir sind hier rund um den Berliner Künstler Salvatore Vanasco.

Bis Sonntag wird in Konferenzen das Thema auch wissenschaftlich behandelt: Demenzerkrankungen etwa oder der deutsche Forscher John-Dylan Haynes, der anhand von Scifi-Filmen Potenziale der Hirnforschung analysiert. Am Samstag steht als nicht zu vergessendes Highlight (neben der visualisierten Klangwolke Bruckner lebt! mit Harald Serafin) u. a. die Aural-Memory-Machine (Wolfgang Fadi Dorninger) auf dem Programm. (Wiltrud Hackl, DER STANDARD, 6.9.2013)