Stephan Nitzl ist Rechtsanwalt bei DLA Piper Weiss-Tessbach.

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Userfrage: Inwieweit kann der Dienstgeber verlangen, dass ein Dienstnehmer im Krankenstand von einem bestimmten Arzt untersucht wird?

Auf Verlangen des Dienstgebers hat der Dienstnehmer den Krankenstand durch eine Bestätigung von einem Vertragsarzt der Krankenkasse beziehungsweise durch einen Amts- oder Gemeindearzt zu belegen. Eine Bestätigung eines Wahlarztes - der also in keiner vertraglichen Beziehung mit dem Krankenversicherungsträger steht - muss der Dienstgeber nicht akzeptieren.

Darüber hinaus hat der Dienstgeber allerdings keine Anordnungsbefugnis und er kann seinerseits nicht auf eine Bestätigung von einem bestimmten Arzt bestehen. Dienstnehmer haben also freie Arztwahl, die nicht weiter eingeschränkt werden darf, soweit es sich eben um einen Vertragsarzt der zuständigen Krankenkasse handelt. Die vertragliche Verpflichtung des Dienstnehmers zur Beibringung einer Krankenstandsbestätigung eines bestimmten Arztes (wie etwa eines Betriebsarztes oder einem sonstigen Vertrauensarzt des Arbeitgebers) ist unzulässig und unwirksam.

Arbeitgeber haben lediglich die Möglichkeit, sofern sie der übermittelten Krankenstandsbestätigung "skeptisch" gegenüberstehen und Krankenstandsmissbrauch vermuten, bei der Krankenkasse eine Krankenstandsüberprüfung anzuregen. Die Krankenkasse - und eben nicht der Dienstgeber - entscheidet in diesem Fall, ob diese Überprüfung durch die Krankenkasse (bzw. einem Chefarzt der Krankenkasse) erfolgt, oder nicht.

Userfrage: Muss ich mich generell von einem Betriebsarzt untersuchen lassen oder kann ich dies verweigern? Wann muss man wirklich zu einem Betriebsarzt gehen? Kann der Dienstgeber Kontrolluntersuchungen oder Vorsorgeuntersuchungen vorschreiben?

Inwieweit ein Dienstnehmer verpflichtet ist, hängt in der Regel von der Tätigkeit ab. Es gibt verschiedene Tätigkeiten und Berufe, bei denen regelmäßige Untersuchungen bzw. Tauglichkeitsuntersuchungen gesetzlich vorgeschrieben sind. In diesen Fällen ist der Dienstnehmer verpflichtet, diese Untersuchungen auch machen zu lassen, wobei der Dienstgeber verpflichtet ist, die Kosten dafür zu tragen.

Dies gilt beispielsweise bei Tätigkeiten, die eine Gesundheitsgefährdung hervorrufen können - z.B. Tätigkeiten bei denen Atemschutzgeräte mit einer Masse von mehr als 5 kg länger als jeweils 30 Minuten pro Arbeitstag getragen werden müssen, Tätigkeiten, bei denen der Organismus durch Hitze besonders belastet wird oder beim Hantieren mit gesundheitsgefährdenden Stoffen wie Blei, Arsen, Schweißrauch, Quecksilber, etc. Ein anderes Beispiel sind auch Berufspiloten, die sich regelmäßig Untersuchungen unterziehen müssen, um ihre Flugtauglichkeit unter Beweis zu stellen und ihre Flugerlaubnis zu behalten.

In nicht gesetzlich vorgesehenen Fällen kann eine Untersuchung vom Dienstgeber in der Regel nicht zwingend vorgeschrieben werden, da dies einen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Dienstnehmers darstellt. Allerdings kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass dies dennoch zulässig ist. Der Dienstgeber müsste hierfür triftige Gründe haben bzw. müsste eine Abwägung der Interessen klar zugunsten des Dienstgebers ausfallen. Selbst hier hätte der Dienstgeber allerdings kein Recht darauf, Befunde einzusehen, sondern kann höchstens eine Bestätigung erhalten, dass der Dienstnehmer für die jeweilige Tätigkeit aufgrund seines Gesundheitszustandes geeignet ist oder nicht. (Stephan Nitzl, derStandard.at, 9.9.2013)