Oberwaltersdorf/Berlin - Ferdinand Dudenhöffer ist überrascht. Üblicherweise vermute man unerlaubte Preisabsprachen eher im Zuge staatlicher Ausschreibungen als im Schatten mächtiger Industriekonzerne. Gerade die großen Au- tobauer kitzelten aus ihren Lieferanten in der Regel jeden Cent heraus, sagt der deutsche Auto-Professor. Nun habe es die Branche offenbar doch erwischt. Und die Folgen für sie seien keine guten.

Das deutsche Bundeskartellamt hat sich die Standorte von sechs Autozulieferern vorgeknöpft, darunter auch die Niederlassung des von Frank Stronach gegründeten österreichisch-kanadischen Magna-Konzerns. Es besteht der Verdacht auf illegale Preis- und Kundenabsprachen. Neben den Beamten der Wettbewerbsbehörde kamen bei den Razzien mehr als ein Dutzend Kriminalpolizisten zum Einsatz. Orte des Geschehens waren in Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Hessen und Nordrhein-Westfalen.

Die Ermittler gehen von Absprachen über mindestens elf Jahre hinweg aus. In ihrem Visier stehen unter anderem Zubehörteile wie Textilien, Bodenbeläge und Kofferraumauskleidungen.

Magna will mitarbeiten

Ausländische Lieferanten sollen an dem mutmaßlichen Kartell nach bisherigem Stand nicht beteiligt sein. Es gebe keine Hinweise auf grenzüberschreitende Aktivitäten, ließ die Behörde wissen. Die Magna-Gruppe, die zuletzt immer wieder Interesse an Opel verlautete, verspricht indessen, mit dem Kartellamt zusammenarbeiten zu wollen. Wer Untersuchungen auslöst oder diese unterstützt, darf auf Milde hoffen.

Das Risiko, dass auf die betroffenen Betriebe hohe Strafen zukämen, sei natürlich gegeben. Der Branche drohe ein Imageschaden, resümiert Experte Dudenhöffer im Gespräch mit dem Standard - auch wenn der massive Kostendruck, an dem die Zulieferer litten, ihnen vielleicht noch einige Sympathiewerte bringen könnte.

Von Untersuchungen bis zu tatsächlichen Verurteilungen sei es ein weiter Weg. Fast unabwendbar sei nun freilich, dass Chefeinkäufer der Autobauer sämtlichen Zulieferern künftig noch genauer auf die Finger schauten. Denn wer lasse sich schon gern über den Tisch ziehen.

Auf die Fersen der Autozulieferer haben sich EU-Wettbewerbshüter zuletzt etwa 2010 gemacht. Fahnder durchsuchten in einigen EU-Ländern die Büros von Unternehmen, die Bordelektronik für Autos produzierten. Firmennamen nannte sie damals nicht. (vk, DER STANDARD, 26.9.2013)