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Immer am Absprung. Die emotionale Verbundenheit mit dem Arbeitgeber scheint abzunehmen.

Foto: AP/Bruns

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten scheint Mitarbeitertreue nicht besonders ausgeprägt zu sein. Die Gründe dafür dürften mannigfaltig sein. Während ein Teil der Jobwechsler das Optimum in puncto Selbstverwirklichung herausholen möchte - und da spielen Beruf und Karriere eine nicht unwichtige Rolle, geht es bei vielen anderen schlicht und einfach ums Überleben, sie müssen über die Runden kommen. Mangels Alternativen sind prekäre Jobs oft die einzige Wahl, dementsprechend hoch ist auch die Fluktuation bei Mitarbeitern. Wer nicht zufrieden ist, sucht sich einen neuen Job.

Die Zahlen dazu liefert die jährliche Kelly Global Workforce Index-Studie, sie basiert auf der Befragung von 120.000 Menschen aus 31 Ländern.

Nur 17 Prozent dachten nicht über neuen Job nach

Im vergangenen Jahr hat nahezu jeder zweite Beschäftigte seinen Arbeitgeber gewechselt, jeder Dritte hat über einen Jobwechsel nachgedacht und für nur 17 Prozent der Befragten war ein neuer Arbeitgeber kein Thema.

Ländervergleich

Interessante Unterschiede existieren zwischen Ländern und Regionen. In Australien mit 62 Prozent und Frankreich mit 61 Prozent haben im Jahr 2012 prozentuell gesehen die meisten Beschäftigten den Arbeitsplatz gewechselt. Weit vorne im Ranking befinden sich noch Länder wie Portugal (58 %), Dänemark (56 %), Brasilien (55 %), Neuseeland (55 %), Luxemburg (55 %), Belgien (53 %) und die Niederlande (53 %). In Russland waren es beispielweise 43 Prozent, in den USA 42 Prozent.

Am wenigsten Wechselwillige verorten die Studienautoren in Südafrika (21%), Puerto Rico (30%), Indonesien (31%), Indien (33%) und Deutschland (34%). Ein neuer Job bedeutet nicht unbedingt neues Glück, denn nicht einmal jeder zweite Studienteilnehmer (48%), der den Arbeitsplatz gewechselt hat, ist auch tatsächlich glücklich mit seiner neuen Stelle. Das deutet darauf hin, dass die Wahl eines neuen Arbeitsplatzes oft sozialen oder ökonomischen Zwängen folgt.

Vorgesetzte spielen wichtige Rolle

Ein weiterer Indikator für die hohe Unzufriedenheit mit den Jobs ist die mangelnde Identifikation mit dem eigenen Unternehmen. Weltweit gaben nur 29 Prozent der Befragten an, sie würden stark dazu tendieren, ihren Arbeitgeber Freunden oder Kollegen als potenzielle Arbeitsstätte weiterzuempfehlen. Einen enormen Einfluss auf die Mitarbeiterzufriedenheit haben Vorgesetzte. Weltweit ist das für 63 Prozent der Beschäftigten ein wesentlicher Faktor. Die wichtigsten Forderungen der Mitarbeiter an die Adresse von Führungskräften sind Fortbildungsmöglichkeiten zu schaffen, für klare Verantwortlichkeiten zu sorgen und konkrete Ziele zu definieren.

Mit ihrem derzeitigen Job zufrieden sind nur 52 Prozent der Dienstnehmer, knapp ein Drittel legen im Berufsalltag "absolutes Engagement" an den Tag. Die zwei wichtigsten Schlüsselkriterien bei der Wahl des Arbeitsplatzes sind die Work-Life-Balance (38%) und persönliche Entfaltungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten (29%). Auf Platz drei mit 26 Prozent rangiert eine gute oder zumindest adäquate Vergütung.

Ratio statt Emotion

Das Fazit der Studienautoren lautet, dass wirtschaftlich schwierige Rahmenbedingungen das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verändern. Die Beziehung der Beschäftigten zu ihrer Arbeit sei "geschäftsmäßiger" geworden. Mitarbeiter halten sich alle Optionen offen, indem sie ständig Jobangebote durchforsten. Die einst emotionale Verbundenheit mit dem Unternehmen sei einer rationalen Beurteilung von beruflichen Perspektiven gewichen, heißt es. (omark, derStandard.at, 26.9.2013)