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Zwei Menschen, zwei Geschichten - bei der Diagnose Krebs orientieren sich viele Menschen neu.

"Ich bin Sportler, ich rauche nicht und trinke nicht", sagt Martin K. Trotz des gesunden Lebensstils wird er mit 44 Jahren mit der Diagnose Darmkrebs konfrontiert. Der Tumor ist ungünstig positioniert. Er befindet sich in der Nähe des Schließmuskels. Beim Herausschneiden besteht daher die Gefahr der Verletzung und in der Folge das Risiko einer Stuhlinkontinenz.

Bevor an einen Eingriff überhaupt zu denken ist, bringt K. sechs Wochen lang eine Strahlentherapie hinter sich, ergänzt durch eine niedrig dosierte Chemotherapie. Das soll den Tumor dazu bringen, sich zu verkleinern. K. muss dafür täglich ins Krankenhaus – Übelkeit, Appetitlosigkeit oder Durchfall werden ihm als häufig auftretende Nebenwirkungen der Therapie prophezeit. "Mir ist es gut gegangen dabei, ich konnte trotzdem täglich Sport machen", erzählt der Patient. "Ich war aber sicherlich eine Ausnahme."

Einige Monate danach folgt die achtstündige Operation. Wegen der Lage des Tumors ist ein Zugang über die Bauchdecke erforderlich – ein laparoskopischer Eingriff ist nicht möglich. Bereits eine Woche später verlässt K. in guter Verfassung das Spital – die meisten Patienten müssen mit einem Aufenthalt von bis zu drei Wochen rechnen.

Es heißt: Warten

K. ist nun in häuslicher Pflege. "Acht Stunden OP und einen riesigen Bauchschnitt, das steckt niemand so leicht weg." Langsam wird er nun wieder aktiv. Abgeschlossen ist die Odyssee noch nicht. Es heißt: warten auf das Ergebnis des histologischen Gewebebefundes. "Wenn alles in Ordnung ist, bekomme ich keine Chemo mehr." Zurzeit hat K. einen künstlichen Darmausgang, um das Verdauungsorgan zu schonen. Bleibt er tumorfrei, kann dieser rückoperiert werden.

Anders ist die Situation bei Simon Ujvary – er lebt seit fast 30 Jahren mit einem künstlichen Darmausgang, einem Stoma. Begonnen hat es mit einer Untersuchung: "Karzinom im Mastdarm" – diese Diagnose erhält Ujvary 1985. Bald ist klar, dass der damals 52-Jährige ein Stoma benötigt. "Das ist beschlossen worden, die Ärzte haben da aber nicht viel darüber geredet", erinnert sich Ujvary. Wie sich ein künstlicher Ausgang auf sein Leben auswirken wird, ist dem Patienten damals nicht klar.

Die Operation folgt. "Nach sieben Wochen wurde ich entlassen. Wie ich dann mit dem Stoma zurechtkomme, hat niemanden gekümmert." Die Aufklärung der Patienten sei heute zwar besser, aber nicht optimal. Bis man den Umgang mit den austauschbaren Beuteln gut beherrsche, dauere es lange.

Tabuthema Stoma

"Es ist schwierig am Anfang, man kommt sich mit dem Stoma beschädigt vor, weil da ja ein Loch im Bauch ist." Auch sei ein künstlicher Darmausgang nach wie vor ein Tabuthema in der Gesellschaft. "Es geht ja um Stuhl, darüber wird nicht gesprochen."

Anfangs war es eine Belastung, unter Menschen zu gehen, aus Angst, der künstliche Darmausgang könnte gesehen werden. "Im Nachhinein betrachtet ist es lächerlich. Ich führe ein gutes Leben, seit ich das Stoma habe." Aufgefallen sei die Darmausleitung durch den Bauch niemandem.

Für die Partnerschaft stellt ein Stoma jedoch oft eine Belastung dar. Ujvarys Familie konnte von Anfang an gut mit der neuen Situation umgehen, aus seinem langjährigen Vorsitz der Stoma-Selbsthilfegruppe weiß er jedoch, dass nicht jeder Partner so gut damit fertig wird.

Einschränkungen gibt es trotzdem: Zwar ist Sport – so auch Schwimmen – möglich, der Alltag mit Stoma verlangt aber mehr Planung: Reisen sollten nur unternommen werden, wenn am Urlaubsort für den Notfall eine adäquate Versorgung gewährleistet ist, so mancher muss sich auch beim Essen einschränken. "Es braucht anfangs vor allem viel Geduld mit sich selbst", sagt Ujvary. Betroffene müssen sich selbst Zeit geben, bis sie sich an ein Leben mit Stoma gewöhnt haben. (Sarah Dyduch, derStandard.at, 17.10.2013)

Stoma – Ein Film von vielgesundheit.at – Die MedizinMediathek