Bild nicht mehr verfügbar.

Teamchef Marcel Koller und ÖFB-Präsident Leo Windtner werden sicher noch miteinander reden.

Foto: APA/ Jaeger

Torshavn/Wien - Leo Windtner hat schon mehr gelacht. Am Mittwochmorgen saß der Verbandspräsident im Flughafengebäude von Vagar und wartete darauf, die Färöer verlassen zu dürfen. Gebäude ist eine Übertreibung, es war ein großes Zimmer mit Förderband und Sicherheitscheck. Zum Flieger geht man hier einfach zu Fuß, ein Bus wäre reine Verschwendung.

Die Spieler sahen müde aus, wobei das 3:0 gegen die Insulaner nicht wirklich geschlaucht hat. Es wurde danach im Hotel auf den 30er von Andreas Ivanschitz angestoßen, aber sehr gesittet. Die Stimmung soll eher wehmütig gewesen sein, das hatte nichts mit dem Alterungsprozess von Ivanschitz, sondern mit dem drohenden Abschied von Teamchef Marcel Koller zu tun. Unmittelbar nach dem Match wurden die Kicker deutlich, sie forderten vehement den Verbleib ihres Klassenvorstands - wohl wissend, dass ihr Einfluss im Promillebereich liegt, aber man wird ja auf ein mittleres Wunder hoffen dürfen.

David Alaba sagte: "Wir haben ihm keinen Grund gegeben, uns zu verlassen." Martin Harnik: "Es wäre ein Wahnsinn, sollte es am Finanziellen scheitern. Wir wollen mit diesem Trainer weitertun." Geburtstagkind Ivanschitz schloss sich dieser Ansicht an: "Er weiß, dass wir alle seinen Abgang bedauern würden. "

Der kapitalistische Fußball bietet selten, aber doch romantische Momente. Koller fühlte sich tatsächlich geehrt. "Viele Spieler sind zu mir gekommen, das ist wunderbar und schön. Auch die Zuneigung der Fans rührt, das Raunzen hat sich erledigt. Aber es geht ums Gesamtpaket, Sentimentalitäten sind nur ein kleiner Teil."

Der 52-jährige Schweizer ist seit einer gefühlten Ewigkeit der Erste, der seinen Marktwert als österreichischer Teamchef steigern konnte. Hut ab. Bei den Vorgängern ist eher das Gegenteil der Fall gewesen, die unvollständige Liste der im Wert Geminderten umfasst Namen wie Otto Baric, Hans Krankl, Josef Hickersberger, Karel Brückner, Dietmar Constantini. Sie waren nach Vertragsende schwer vermittelbar, einige kamen als Kolumnisten unter.

Nachdenkpause

Koller hingegen wurde zum gefragten Mann. Der 1. FC Nürnberg lässt nicht locker, hat sich deklariert, obwohl es auch Kontakte zum Niederländer Geert Verbeek geben soll. Laut Schweizer Medien würde Koller 1,4 Millionen Euro pro Saison kassieren, drei Jahre lang, ergibt 4,2 Millionen. Damit kann und will der ÖFB nicht annähernd mithalten. Koller wird in den nächsten Tagen bis Wochen grübeln, verhandeln und eine Entscheidung treffen. "Ich schaue mir alles genau an." Sein Verhalten lässt eher den Schluss zu, dass er wechselt. Er will gestalten, nicht abhängig sein, Tag für Tag auf dem Platz stehen, den Fußball leben, Woche für Woche gestresst sein. Trainer von Nationalmannschaften sind zu langen Büropausen verdammt. Und mehr Geld ist besser als weniger. Diverse Teamspieler bestätigten, "dass er zuletzt anders war".

Auch bei den Pressekonferenzen zeigte Koller neue Facetten. Er witzelte, öffnete sich ein wenig. Über Gedanken während eines Spaziergangs hatte er in den zwei Jahren noch nie erzählt. Und dass er jene, die gegen die Färöer lustlos agieren, über das nicht vorhandene Stadiondach schießen würde, kam unerwartet. Er musste niemanden schießen. Im Gegenteil. "Sie zeigten Charakter. Nach dem bitteren Scheitern an Schweden sind wieder aufgestanden."

Windtner übt sich derweil in der Rolle des Machers, der alles im Griff hat. "Jetzt gehören die Karten auf den Tisch gelegt. Kollers Amtszeit endet am 31. Dezember, das ist klar, es gibt für uns keinen Druck. Der ÖFB ist weder panisch noch planlos. Furcht ist kein guter Ratgeber und Wegbegleiter in diesem Geschäft. Romantik ist fehl am Platz." Am 19. November wird in Wien gegen die USA getestet, laut Vertrag muss Koller die Bank schmücken. Aber Verträge sind bisweilen zum Lösen da.

Sportdirektor Willi Ruttensteiner könnte traditionell einspringen. Bei den USA ist Andreas Herzog Assistent. An der Qualifikation für die EM 2016 in Frankreich wird Österreich selbstverständlich teilnehmen. Das beruhigt, hat mit Koller gar nichts zu tun. Nürnberg-Legionär Emanuel Pogatetz hat es am besten erwischt. "Ich verliere und gewinne einen tollen Trainer. Egal, was passiert." (Christian Hackl, DER STANDARD, 17.10.2013)