Am 22. Oktober ist Welttag des Stotterns. Sylvia Straka zeigt Zlatko Imamovic, wie sein Stottern entsteht. "Es ist wichtig, dass die Betroffenen Bescheid wissen, wie sich Stotterlaute bilden und was man tun kann, um diese zu verhindern."

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Wien - "Ich erinnere mich noch, als ich klein war und nach meiner Mutter rief, kam immer nur ein 'M-m-m-m-amma' raus." Damals war Zlatko Imamovic vier Jahre alt. Heute ist der 29-Jährige ein gut aussehender junger Mann, der fest im Leben steht. Er ist gesprächig und drückt sich sehr wortgewandt aus - nur manchmal kommt ihm ein Satz etwas stockend über die Lippen.

Stottern ist eine Störung des Sprechablaufs. Drei Hauptsymptome sind dabei signifikant: Wiederholungen, Dehnungen und Blockierungen. Vier Prozent aller Kinder stottern, die meisten verlieren es wieder. Nach dem zwölften Lebensjahr ist jedoch nur noch selten mit einer Heilung zu rechnen. Ein Prozent der Bevölkerung behält das Stottern ein Leben lang. In Österreich entspricht das 80.000 Menschen. Männer stottern im Vergleich zu Frauen etwa viermal häufiger.

Ob es ihm gut geht

Es ist noch unklar, was die genaue Ursache des Stotterns ist. Erwiesen ist, dass die Anlage dazu vererbt wird. Man geht in der Forschung aber von mehreren Faktoren aus. Einige Patienten nennen ein bestimmtes Lebensereignis als Auslöser des Stotterns.

So auch Imamovic: "Als ich zwölf Jahre alt war, ging ich mit meinen Eltern zu einem Art Wunderheiler, der mein Stottern wegzaubern sollte. Erst da wurde mir überhaupt bewusst, dass ich stottere." Danach wurde es viel schlimmer, weil die Angst vor dem Sprechen hinzukam. Seit zwei Jahren ist der Stotterer in Behandlung bei der Logopädin Sylvia Straka. Sie sieht enorme Fortschritte: "Zu Beginn der Sprechtherapie hat er in jedem Satz vier- bis fünfmal gestottert. Es geht stets bergauf."

Der gebürtige Bosnier ist Techniker und hat viel mit Menschen zu tun. "Ab und zu ist es unangenehm, wenn das Gegenüber nicht weiß, dass man stottert und - " Straka hebt die Hand um Imamovic an seine erlernte Techniken zu erinnern. Er ist ins Stottern geraten. Langsam holt er Luft und fährt fort: " - und ganz verwirrt ist. Man sieht förmlich, wie sich die Leute dann fragen, ob es mir eh gut geht."

Kontrollverlust überwinden

Genau das sei einer der springenden Punkte: "Man muss das Thema Stottern in der Öffentlichkeit präsenter machen. The King's Speech war ein Anfang. In den meisten Filmen kommen Stotterer aber nicht so gut weg. Es ist Zeit für einen stotternden Helden!", schlägt Straka lachend vor.

Imamovic wünscht sich, dass vor allem Lehrer mehr mit dem Thema vertrauter wären. In der Schule hat er Situationen erlebt, in denen sein Stottern eher den Lehrern als ihm selbst unangenehm war.

Aus ihrer langjährigen Erfahrung weiß die Logopädin, dass es nicht immer leicht ist, sich mit dem Stottern zu arrangieren. Wichtig sei, den Kontrollverlust zu überwinden und sich bewusst zu machen, dass man dem Stottern nicht hilflos ausgeliefert ist.

Hoffnung auf Verschwinden

Auch für Imamovic war die Akzeptanz seines Stotterns alles andere als selbstverständlich: "Als Jugendlicher hofft man, dass es einfach verschwindet. Als ich dann mit 15 zum ersten Mal bei einer Logopädin war und sie mir sagte, dass ich das Stottern annehmen muss, hat das damals meine Welt zerstört."

Seitdem hat er viele Techniken ausprobiert, bis er bei Sylvia Straka gelandet ist. Mit dem Zeigefinger am Mund, der flachen Hand am Brustbein, erklärt sie ihm, was mit seinen Gesichtsmuskeln und der Luftzufuhr geschieht, wenn er ins Stottern kommt. Imamovic ist aufmerksam, er muss die Übungen nachmachen: Die Unterlippe ist gegen die Zähne gepresst, der Brustkorb so angespannt, dass keine Luft entweichen kann. "Heute war viel V---erkehr", kommt es gepresst heraus. Die Logopädin erklärt: "Um das Stottern zu verbessern, muss man es üben."

Grinsend verrät Imamovic , dass das Stottern in Partnerschaften nie ein großes Problem war: "Ich hatte Freundinnen, die fanden mein Stottern sogar sehr süß." (Ramona Hampp, DER STANDARD, 22.10.2013)