Schon wieder Halsweh, schon wieder tut das Schlucken weh: Einer von drei Menschen leidet innerhalb eines Jahres unter mehr oder weniger starken Halsschmerzen. "Halsschmerzen sind meist harmlos und nach einigen Tagen wieder weg", sagt Wolfgang Gstöttner, Vorstand der Hals-Nasen-Ohren-(HNO)-Klinik an der Med-Uni Wien. "Antibiotika braucht man in der Regel nur, wenn sie schlimmer werden oder Fieber dazukommt - die werden ohnehin zu häufig verschrieben." Am häufigsten steckt hinter Halsschmerzen eine Pharyngitis - Medizinerdeutsch für einen entzündeten Rachen. Sie wird meist von Viren verursacht. "Gegen die helfen Antibiotika überhaupt nicht", sagt Gstöttner.

Die Schmerzen sind ein Signal des Körpers, dass er sich gerade gegen Keime zur Wehr setzt. Entzündungszellen setzen Substanzen frei, die an Schmerzrezeptoren in den Nerven der Rachenschleimhaut binden, was als Schmerz ans Gehirn weitergeleitet wird. "In der Rachenschleimhaut verlaufen Hunderte von Schmerznervenfasern, deshalb tut es weh", erklärt Gstöttner und beruhigt: Mit Schmerztabletten wie Ibuprofen oder Paracetamol bessern sich die Beschwerden.

Viele Halswehgeplagte greifen zu Hausmitteln. Gurgeln zum Beispiel. Davon rät Herbert Riechelmann, Direktor der HNO-Klinik an der Med-Uni Innsbruck, ab: "Das ist sinnlos, davon kommt nichts im Rachen an." Und was ist mit heißer Milch? Darüber scheiden sich die Geister. Während Riechelmann zu nicht zu heißer Milch mit Eigelb und etwas Zucker rät, sieht Andreas Michalsen, Professor für Naturheilkunde an der Berliner Uniklinik Charité, die Sache anders: "Milch regt die Schleimproduktion an, viele fühlen sich damit noch elender." Besser sei Schwitzen mit Lindenblütentee und Holunder, dazu Salbeilösung und ein warmer Wickel.

Die guten Hausmittel

Studien zu solchen Hausmitteln gibt es allerdings wenige. So könne man weder von Milch abraten, noch chinesische Kräuter, Tees oder Gurgellösungen mit Salbei oder Kamille empfehlen. Häufig wird in der Werbung auch zu Zinktabletten geraten. Allerdings haben Studien ergeben, dass diese bei Halsweh nicht besser als Placebo wirken, dafür aber Übelkeit und einen schlechten Geschmack im Mund verursachen.

Andere Lutschtabletten können die Schmerzen kurzfristig lindern, am besten solche mit Lokalanästhetikum. "Es ist aber auch nicht schlimm, wenn man bei einer harmlosen Pharyngitis gar nichts macht", sagt HNO-Spezialist Gstöttner.

Lassen die Schmerzen nach einigen Tagen nicht nach, hört sich die Stimme schlecht an oder fühlt man Lymphknoten am Hals, ist ein Besuch beim Arzt zu empfehlen. Denn dann könnten sich Bakterien am Übergang von der Nase zum Rachen eingenistet und eine Entzündung der Gaumenmandeln (Angina tonsillaris) verursacht haben. "Ein Rachenabstrich zum Nachweis von Bakterien ist aber meist nicht nötig", sagt Riechelmann, "denn Bakterien kommen auch bei Pumperlgesunden auf den Mandeln vor."

Eine Angina hingegen wird mit Penicillin behandelt. Nur wenn es den Patienten nicht besser geht, wird ein Abstrich gemacht, die Bakterien in einer Kultur gezüchtet und das Antibiotikum angepasst.

Bei sehr massiven Schmerzen - etwa dann, wenn sich der Mund kaum mehr öffnen lässt - ist aber Eile geboten. Das weist auf einen Abszess sein, bei dem sich Eiter in einer Höhle auf oder um die Mandeln herum angesammelt hat.

Krank vom Küssen

Klagen Jugendliche über Hals- und Bauchschmerzen, schwellen die Lymphknoten an und haben sie seit kurzem einen neuen Freund oder eine Freundin, könnte es sich auch um Mononukleose handeln, auch Kissing Disease. Sie wird vom Epstein-Barr-Virus verursacht. Viele Menschen haben sich als Kind infiziert und tragen das Virus in sich. Manche holen sich das Virus aber erst als Erwachsene - beim Küssen eines neuen Partners.

Klagt ein hoch fieberndes Kleinkind über Halsschmerzen und tut sich beim Luftholen schwer, sollten Eltern besser in die Klinik: Es könnte eine Epiglottitis sein, eine durch Bakterien verursachte Entzündung des Kehldeckels. "Seit der Haemophilus-Impfung ist das aber selten geworden" , sagt Roland Laszig, Chef der HNO-Klinik an der Uni Freiburg.

Laszig empfiehlt älteren Menschen mit chronischen Halsschmerzen, sich nicht nur in den Hals, sondern auch in die Nase schauen zu lassen. Häufig lassen sich nämlich verbogene Nasenscheidewände oder große Nasenpolypen erkennen. "Die Leute atmen ständig durch den Mund, dadurch entzündet sich der Rachen und verursacht Halsschmerzen." (Felicitas Witte, DER STANDARD, 18.11.2013)