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Sieben Enkel des letzten Kaisers von Österreich, Karl I. - die Kinder von Otto und Regina Habsburg: Andrea, Monika, Karl, Georg, Michaela, Gabriela und Walburga (v. li., im Februar 2010).

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Eduard Habsburg: "Keine politische Agenda."

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"Wir müssen wieder eine Familie werden." Das ist - der leicht überraschende - Arbeitsauftrag für Eduard Karl Habsburg-Lothringen. Der 1967 in München geborene Drehbuchautor, Romancier, katholische Philosoph und Medienreferent des Bischofs von St. Pölten ist seit kurzem auch für die Kommunikation der Familie Habsburg "nach innen und nach außen" zuständig.

Es geht um "Vernetzung". Die weltweit etwa 450 Habsburger (150 in Österreich) kennen einander zum Teil nicht, da muss man etwas tun, und sei es die Erstellung einer Excel-Datei, wie Eduard Habsburg meint (er ist Angehöriger der "ungarischen Linie" und Nachfahre von Gisela, der zweiten Tochter von Franz Joseph und Sisi). Karl sei sehr aktiv mit seiner Präsenz bei Hochzeiten und Beerdigungen. Aber im Grunde geht es wohl auch darum, das Image der Familie neu aufzusetzen.

"Keine politische Agenda"

Womit sich die Frage stellt: Wie ist eigentlich der Status der Familie Habsburg heute? Gibt es nennenswerte politische Aktivitäten in Österreich, Europa oder sonst wo? Wie sieht es mit der finanziellen, wirtschaftlichen Seite aus? Wie stehen die Habsburgs 100 Jahre nach dem Beginn des Weltkriegs 1914, der das Ende der Monarchie brachte, eigentlich da?

Seinen "informellen Auftrag" hat Eduard von Ottos Sohn Karl erhalten, der nach dem Tod seines Vaters 2011 zwar "Chef de famille" ist, aber trotzdem nicht mehr so stark in Erscheinung tritt. Vor allem politisch nicht. Eines sagt da Eduard Habsburg gleich: "Es gibt keine politische Agenda."

Gibt es seit dem Tod von "Otto, dem Letzten" auch wirklich nicht mehr. Der Sohn des letzten Kaisers (Karl I.) spielte im 20. Jahrhundert eine gewisse Rolle. Zunächst als vergeblicher Thronanwärter, dann im Konflikt und der Versöhnung mit der Republik Österreich, schließlich als Promotor der europäischen Einigung, zuletzt 1989 beim Durchbrechen des Eisernen Vorhangs zwischen Ungarn und Österreich ("Paneuropäisches Picknick"). Sohn Karl versuchte, in die Fußstapfen zu treten, aber es wollte nicht so recht gelingen. Eine Spendenaffäre beendete seine Tätigkeit im EU-Parlament (für die ÖVP), eine Kandidatur für eine Christlich Soziale Allianz (CSA) endete bei der Nationalratswahl 1999 mit 1,4 Prozent. Karl widmet sich heute vorwiegend dem Kulturgüterschutz ("Blue Shield") und nicht ganz troublefreien Medienbeteiligungen in Bulgarien.

Politische Karriere auf Eis

Karls politische Karriere liegt wohl dauerhaft auf Eis. Von den anderen Kindern Ottos sind bzw. waren drei politisch tätig. Tochter Walburga kandidiert nächstes Jahr wieder für die "Moderata samlingspartie" im schwedischen Reichstag (sie wird am 19. Jänner auch an einer Standard-Diskussion zu 1914 teilnehmen). Tochter Gabriela, Bildhauerin in München, war für einige Zeit Botschafterin Georgiens in Deutschland, Sohn Georg, der in Budapest lebt, war Sonderbotschafter Ungarns bei den EU-Beitrittsverhandlungen und ist im TV-Geschäft tätig. Das ist es vorläufig, was die "kaiserliche Linie" betrifft.

Politische Ambitionen in Österreich zeigte Ulrich Habsburg-Lothringen, ein Waldbesitzer in Kärnten und grüner Gemeinderat, der 2009 bei der Bundespräsidentenwahl kandidieren wollte, dies aber wegen der Verfassung nicht durfte. Die Bestimmung ist inzwischen aufgehoben. Der Weg wäre also frei.

Ulrich gehört zur "Toskanischen Linie" der Habsburger, die im späten 18. Jahrhundert abzweigte (wodurch dann Heiraten untereinander möglich wurden: Marie Valerie, die Tochter von Franz Joseph und Elisabeth, heiratete Franz Salvator von Österreich-Toskana; die Nachfahren heißen Altenburg, weil Clemens Salvator nach dem Weltkrieg seinen Austritt aus dem Kaiserhaus erklärte). Angehörige der Toskana-Linie sind die wirtschaftlich potentesten und aktivsten: Alexander verwaltet einen großen Waldbesitz bei Persenbeug, Markus betreibt die Kaiservilla in Bad Ischl als Nostalgie-Tourismus-Attraktion. Angeblich plant er, die Einschiffung von Maximilian nach Mexiko 1864 in Triest nachzustellen.

Enteignung 1919

Das Kaiserhaus Habsburg wurde 1919 enteignet, nachdem Karl zwar auf seinen "Anteil an den Regierungsgeschäften" verzichtete, jedoch nicht formell abdankte. Daraufhin sprach die Republik den Landesverweis und die Enteignung (auch des privaten Familienfonds) aus. Unter Kanzler Kurt Schuschnigg wurde teilweise restituiert, von den Nazis wieder enteignet, und 1945 schlug wieder die Republik zu. 2004 versuchte die "kaiserliche Linie" in Person von Carl Christian Habsburg, einem Neffen Ottos, wenigstens einen Teil des seinerzeitigen Privatvermögens zurückzubekommen: Waldbesitz, Zinshäuser, Schloss Eckartsau, Schloss Laxenburg, Liegenschaften usw. Begründung: Das sei Naziraubgut wie der "arisierte" jüdische Besitz. Doch die Schiedsinstanz des Restitutionsfonds wies das Begehren ab. Karl Habsburg sagte 2013 im Profil, die Restitution bereite ihm keine schlaflosen Nächte mehr. Am 16. Dezember wird der ORF-Report mit Karl durch die Hofburg wandeln.

Man kann den derzeitigen Status der Habsburgs als Stagnation oder als Normalisierung sehen. Präsent in der Öffentlichkeit ist am ehestens noch Karls (getrennt lebende) Ehefrau Francesca, eine wichtige Kunstmanagerin. Ihr gemeinsamer Sohn mit Karl, Ferdinand Zvonimir (16) ist ein offenbar wirklich begabter Rennfahrer in der Jugend-Formel-1. Auf dem Helm trägt er den Doppeladler. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 30.11/1.12.2013)