grafik: Der Standard

STANDARD: Wie wirkt 1914 bei Ihnen nach?

Hohenberg: Man spürt schon noch bis heute, das ist eine Familientragödie. Wenn ich an meinen Urgroßvater denke, dann sehe ich die Fotos mit seinen Kindern und das Schloss Konopiste bei Prag, wo das Tagebuch von meiner Urgroßmutter am Schreibtisch liegt, das wir nicht einmal anschauen dürfen. Die politische Einordnung hingegen ist vielleicht nicht unähnlich wie ein Otto von Habsburg, sehr stark in einer übernationalen, europäischen Sichtweise. Wenn man sich anschaut, was das Gegenkonzept gebracht hat, dann nur Unheil. Und je mehr Zeit vergeht, desto mehr denkt man, dass die Grundkonstellation der Doppelmonarchie doch nicht ganz verkehrt war. Die Idee, einen Rechtsstaat quer über Sprach- und Volksgrenzen zu etablieren, ist etwas, wofür es sich lohnt, einzustehen und zu kämpfen. Auch heute noch.

STANDARD: Ihr Großvater Maximilian, der älteste Sohn Franz Ferdinands, ist von den Nazis ins KZ gesteckt worden und war Leidensgenosse von Leopold Figl, aber auch von Sozialisten.

Hohenberg: Wenn Sie sich den Nachruf auf meinen Großvater in der AZ 1963 ansehen, auf den ich ehrlich gesagt ziemlich stolz bin, dann sieht man, dass da auch eine Versöhnung stattgefunden hat. Es gab da zwar einmal Pläne, dass die ÖVP ihn als Bundespräsident aufgestellt hätte, aber dann haben sie doch kalte Füße gekriegt. Er war zwar Monarchist, was hätte er sonst sein sollen, aber er war mit der Republik versöhnt – weil er am eigenen Leib und Leben erfahren hat, was die Alternative ist.

STANDARD: Ihr Vater hat dann als Diplomat der Republik gedient.

Hohenberg: Dieser Schritt von meinem Vater war ein Dienst an der Heimat, wie er selbst gesagt hat. Klingt ein bissl pompös, aber auch in der Kontinuität seiner Vorfahren. Von daher bin ich immer aufgewachsen mit einem Heimatgefühl. Mein Traum war es, EU-Beamter zu werden. Ich bin dann nach Bosnien gegangen und habe während des Kriegs dieses Land schätzen und lieben gelernt. Dann war ich Banker in London, und zuletzt habe ich dieses Beratungsunternehmen in München mit aufgebaut. Ich fühle mich in vielen Ländern Europas sehr wohl, und da spür ich eine Kontinuität in der Familie.

STANDARD: Wie sehen Sie Österreich heute?

Hohenberg: Manchmal verzweifelt man halt wie andere mündige Staatsbürger an unserem Land und denkt sich, na so schlecht war das damals doch nicht. Aber das ist mehr ein Kokettieren. Wie viele andere Auslandsösterreicher haben wir diese verklärte Sicht auf Österreich. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 30.11/1.12.2013)